Stollen verlangsamt Brienzer Bergrutsch

Stollen verlangsamt Brienzer Bergrutsch

GRHeute
26.12.2025

Der Entwässerungsstollen verlangsamt die Rutschungen in Brienz teilweise beträchtlich. Die Rutschung Dorf ist so langsam wie seit 15 Jahren nicht mehr. Zudem wurde bisher fast eine Million Franken an Unterstützung für die Bewohner:innen ausbezahlt. 

Die aktuelle Lage präsentiert sich gemäss dem Bulletin des Gemeindeführungsstab Albula/Alvra im Moment so: Nachdem das Wasservorkommen Armauns in der Rutschmasse von unten angebohrt werden konnte, flossen anfänglich bis zu 1500 Liter Wasser pro Minute in den Entwässerungsstollen ab.

Die Entwässerung des Untergrundes hat dazu beigetragen, dass die auf der Rutschung Dorf gemessenen Geschwindigkeiten weiter zurückgegangen sind. Sie liegen im Dorfgebiet aktuell zwischen 10 und 25 cm pro Jahr. Die Messpunkte bei der Kirche und am südöstlichen Dorfrand bei Cresta weisen mit ca. 10 cm/Jahr derzeit die tiefsten Geschwindigkeiten auf.

So tiefe Rutschgeschwindigkeiten wurden im Dorf Brienz zuletzt vor 15 Jahren gemessen.

Rutschung Berg

Der Rücken Caltgeras zeigt leicht abnehmende Geschwindigkeiten zwischen 40 und 60 cm/Jahr. Im darüberliegenden Bereich «West» hoch über Vazerol und im Bereich «Plateau West» nehmen die Geschwindigkeiten ebenfalls ab. 

Im Gebiet Pro Fop hoch über Brienz/Brinzauls gibt es nach dem Schuttstrom von Ende November bis jetzt keine Hinweise auf signifikante Geländebewegungen.

Die Geschwindigkeiten in der neugebildeten Schutthalde sind im unteren Bereich vollständig zum Erliegen gekommen. Im oberen Bereich der Schutthalde nehmen die gemessenen Geschwindigkeiten weiter ab. Sie liegen mehrheitlich unter 15 mm/Tag (5.5 m Jahr).
 
Prognose für die kommenden ein bis zwei Wochen

Die Entwässerung der Rutschung durch den Stollen geht weiter. Aktuell fliessen rund 800 Liter pro Minute durch den Stollen ab. Deshalb wird für die nächsten Wochen eine weitere Verlangsamung der «Rutschung Dorf» erwartet. 

Für den Rücken «Caltgeras» und die darüber liegenden Bereiche «West» und «Plateau West» werden bei anhaltend trockener Witterung gleichbleibende bis leicht abnehmende Geschwindigkeiten erwartet. Auch im oberen Bereich der Schutthalde dürften die Geschwindigkeiten in den kommenden Wochen noch weiter zurückgehen.
 
Geschwindigkeiten 

Aktuelle Geschwindigkeiten mit Trend der vergangenen 1 – 2 Wochen

  • Schutthalde 5.5 m/Jahr | abnehmend*
  • Plateau West: 2.0 – 3.0 m/Jahr | abnehmend
  • Bereich West: < 2.0 m/Jahr | abnehmend
  • Rücken Caltgeras: ca. 0.5 m/Jahr | abnehmend
  • Rutschung Dorf: ca. 0.2 m/Jahr | abnehmend

*Die Geschwindigkeit der Schutthalde nun pro Jahr (nicht mehr pro Tag) angegeben.

Neue Unterstützung 

Aus dem Spendenkonto Brienz/Brinzauls wurden im ablaufenden Jahr Pauschalzahlungen und zahlreiche individuelle Unterstützungen an betroffene Einwohner:innen und Betriebe ausbezahlt. Zum Ende des Jahres konnte die Spendenkommission die Unterstützung der Stiftung «fondssuisse» sichern.

Seit der ersten Evakuierung im Mai 2023 flossen rund 1.3 Millionen Franken auf das Spendenkonto Brienz/Brinzauls der Gemeinde Albula/Alvra; 850’000 Franken von Kanton und Gemeinde, 227’000 von anderen Gemeinden und Kirchgemeinden sowie gut 220’000 von Privaten, Unternehmen und Vereinen.

Verwaltet werden die Mittel durch die Spendenkommission. Sie hat insgesamt 970’000 Franken Unterstützungen an Betroffene ausbezahlt. Grösste Posten bildeten die Soforthilfen nach den beiden Evakuierungen (rund CHF 343’000) und die beiden Evakuierungsentschädigungen im März und Juli 2025 (rund CHF 317’000). Sie wurden an die Haushalte der Einwohnerschaft pauschal ausbezahlt, ohne dass diese dafür Unkosten nachweisen mussten. 

Wenn Einzelpersonen oder Betriebe Unkosten haben, die über die pauschalen Entschädigungen hinausgehen, können sie Gesuche um weitere Unterstützung an die Spendenkommission stellen. «Solche Kosten sind üblicherweise die Miete einer vorübergehenden Wohnung oder die Unterbringung von Nutztieren, die ebenfalls evakuiert werden mussten», erklärt Anna Giacometti, Präsidentin der Spendenkommission. Auch Mindereinnahmen kann die Kommission tragen helfen, etwa für einen landwirtschaftlichen Betrieb oder eine selbständig erwerbende Person. Betroffene können der Spendenkommission mit einem einfachen Formular ein Gesuch um Unterstützung stellen, wenn ihnen solche Kosten entstehen. Bisher wurden dafür rund 220’000 Franken ausbezahlt.

Nicht gedeckt werden können Kosten, die auch dann entstehen, wenn jemand in Brienz/Brinzauls leben oder arbeiten würde. Dazu gehören zum Beispiel die Miete der normalen Wohnung, Hypothekarzinsen, die Telefonrechnung oder die Versicherungsprämie für das Familienauto.

Unterstützung durch Stiftung «fondssuisse»

Zum Jahresende konnte die Spendenkommission für die Betroffenen eine sehr wichtige Unterstützung sichern. Ab sofort unterstützt die Stiftung «fondssuisse» betroffene Einwohner:innen und Betriebe von Brienz/Brinzauls. Fondssuisse unterstützt üblicherweise die Behebung von Elementarschäden auf Grundstücken, die durch vorhersehbare Naturereignisse entstanden sind und die nicht versichert werden können.

«Für die Einwohnerschaft von Brienz/Brinzauls übernehmen wir nun erstmals auch so genannte Überbrückungskosten», sagt Daniel Arni, Geschäftsleiter von fondssuisse. Dabei handle es sich in erster Linie um die zusätzlichen Mietkosten. Sie würden in Abhängigkeit der Haushaltsgrösse bis zu einem bestimmten Höchstbeitrag übernommen. «Diese Kosten sind nicht versicherbar, wurden bis Mitte 2025 aber in Kulanz von Versicherungen gedeckt. Weil die Evakuierung immer noch andauert, würden sie nun an den Betroffenen hängenbleiben. Deshalb helfen wir», erklärt Daniel Arni. «Die ersten Gesuche wurden im November behandelt und die Beiträge noch im Dezember ausbezahlt.»

Daniel Arni ist Geschäftsleiter der Stiftung fondssuisse

«Die Unterstützung durch fondssuisse, entlastet die Gemeinde und ihr Spendenkonto erheblich», sagt Anna Giacometti. «Wir sind sehr froh und sehr dankbar, dass fondssuisse der betroffenen Einwohnerschaft und den Betrieben von Brienz/Brinzauls künftig beisteht.»

Die Stiftung fondssuisse wird von der Schweizerischen Nationalbank alimentiert. Sie hat sich bereit erklärt, die Mehrkosten der betroffenen Bevölkerung für die nächsten Monate zu übernehmen. Die Mittel der Stiftung werden den Betroffenen nicht direkt, sondern über die Spendenkommission zur Verfügung gestellt. Die Gesuche um Unterstützung sind weiterhin an die Spendenkommission einzureichen. Das Formular dazu liegt auf der Website www.brienzer-rutsch.ch zum Herunterladen bereit.
 
Die Gemeinde Albula/Alvra bietet den Betroffenen des Brienzer Rutsches nach wie vor ihre kostenlose Hotline zur Beantwortung von Sachfragen und für die Besprechung der persönlichen Situation an. Die Inhalte der persönlichen Gespräche sind selbstverständlich vertraulich.

Pause im Stollenbau über die Festtage

Die Arbeiten im Entwässerungsstollen sind über die Weihnachtstage und den Jahreswechsel (vom 20.12.2025 bis 6.1.2025) unterbrochen. Die Tunnelausbrucharbeiten und die Bohrarbeiten waren in den vergangenen Wochen gut vorangekommen. So sind der Nord- und Ostarm des Entwässerungsstollens bereits zu Dreiviertel ausgebrochen und die Drainagebohrungen sind zu einem Viertel erstellt. Im Januar werden aus dem Ostarm weitere Bohrungen seitlich in den stabilen Fels und nach oben in das Wasservorkommen von Armauns getrieben.

Unterbrechung des Pumpversuchs Armauns

Der seit April dieses Jahres laufende Pumpbetrieb in der Bohrung KB14 nördlich des Dorfes hat den Wasserspiegel im Wasservorkommen von Armauns bislang um 7.5 m abgesenkt.

Bei der aktuellen Grundwasserabsenkung könnte die Pumpe über die Festtage trockenfallen und dadurch beschädigt werden. Deshalb wird sie über den Jahreswechsel sicherheitshalber ausgeschaltet. Im neuen Jahr geht der Pumpversuch dann weiter.

(Bilder: zVg./GRHeute)

author

GRHeute

www.grheute.ch
GRHeute Redaktion