SBB kappt Flughafenverbindung von Chur

SBB kappt Flughafenverbindung von Chur

Mit dem Wechsel im Dezember 2024 wird die direkte Verbindung von Chur zum Flughafen Zürich aus dem Fahrplan gestrichen. Begründung: Die Reise über St. Gallen ist zuwenig genutzt worden. 

Es war von Anfang an eine Zangengeburt.

Vom ersten Vorstoss im Grossen Rat Graubünden – von FDP-Grossrat Rudolf Kunz – bis zur Umsetzung einer direkten Verbindung von Chur zum Flughafen Zürich dauerte es über zehn Jahre. In einer Antwort auf eine Anfrage des damaligen BDP-Grossrats Andy Kollegger hielt die Regierung 2014 fest: «Die Regierung verfolgt die Forderungen weiterhin, da es sich dabei um ein zentrales Anliegen für Graubünden als attraktiver Wohn-, Arbeits- und Tourismuskanton handelt.» Am 5. Dezember 2018 teilte die Regierung mit: «Mit dem Fahrplanwechsel am 9. Dezember 2018 erhält Graubünden eine neue stündliche IR-Direktverbindung ab Chur via St. Gallen und Winterthur zum Flughafen Zürich. Der REX (Rheintalexpress) zwischen Chur und Wil SG wird zum IR13 aufgewertet.»

Dieser aufgewertete IR13 der SBB verschwindet mit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2024 aus Chur – er wird nur noch bis Sargans geführt, wie SBB-Mediensprecher Daniele Pallecchi entsprechende Informationen von GRHeute bestätigte. «Durch die neue Zugverbindung entsteht zukünftig ein Halbstundentakt im Fernverkehr zwischen Sargans und St. Gallen.» Der Direktzug von Chur nach St. Gallen wird künftig im Stundentakt von der Südostbahn abgewickelt. 

Wie konnte es soweit kommen? 

«Wir haben festgestellt, dass es die meisten unserer Kundinnen und Kunden vorziehen, vom Flughafen Zürich in Zürich HB auf den InterCity nach Chur umzusteigen, da sie dadurch erheblich schneller sind als mit dem IR13 via St. Gallen», sagte Daniele Pallecchi. Diese Feststellung teilt auch Graubündens Abteilungsleiter für den öffentlichen Verkehr, Thierry Müller: «Wir haben das Kundenverhalten untersucht. Dabei stellte es sich heraus, dass die Direktverbindung von Touristen praktisch nicht genutzt wurde und nur Reisende aus Graubünden den Umweg über St. Gallen wählten.» Reisende aus Übersee seien Direktzüge von den Flughäfen in die Tourismusorte weniger gewohnt. «Reisende aus Übersee sind sich gewohnt, zuerst einen Shuttle vom Flughafen zum Bahnhof zu benutzen. Dieser Shuttle ist in diesem Fall der Zug vom Flughafen nach Zürich HB.» Kommt dazu: Die Reise vom Flughafen nach Chur über den Hauptbahnhof Zürich dauert mit Umsteigen knappe anderthalb Stunden; über St. Gallen dauert sie etwa eine Stunde länger. 

Soweit, so gut. Doch die Sache hat einen Haken: Offenbar war der Regierung schon vor der Einführung klar, dass es sich beim Direktzug von Chur nach Zürich um eine befristete Lösung handelte. Nur: Kommuniziert hat das niemand. «Wir gingen davon aus, dass wir bis 2025 eine schnellere Lösung über die Walensee-Linie präsentieren können, bestenfalls mit einem nahtlosen Übergang», sagte Thierry Müller. Deshalb habe die Regierung darauf verzichtet, von einem befristeten Projekt zu sprechen. Mit der von Bern verordneten kompletten Überarbeitung des Ausbauschrittes 2035 für die Bahninfrastruktur wurde diese Hoffnung vorerst zerschlagen. Thierry Müller spricht in diesem Zusammenhang von einem «Scherbenhaufen» und bestätigt, dass der Kanton Graubünden alles daran setzen wird, diese wichtige Direktverbindung wieder auf den Plan zu bringen. 

Keine Visitenkarte

Für Andy Kollegger, der 2014 die Forderungen seines Ratskollegen wiederholte, war von Anfang an kein Wille für eine Direktverbindung erkennbar. «Sonst wäre das schon längst gemacht worden. Es gibt immer 100 wenns und abers. Es ist ein Trauerspiel», sagte der ehemalige BDP-Grossrat. «Es wäre auch ein Nachhaltigkeitsprojekt gewesen. Für Graubünden ist das keine Visitenkarte.» 

Die Busverbindung von Chur an den Flughafen von Chur Bus wurde Ende August 2020 eingestellt. «Ein künftiges Angebot soll wieder im Einklang mit dem Gesamt-ÖV-Angebot stehen, d.h. eine Optimierung des Angebotes zugunsten der öV-Nutzerinnen und Nutzer bringen», sagte der Geschäftsleiter von Chur Bus, Ralf Kollegger (nicht verwandt mit Andy Kollegger), auf Anfrage von GRHeute. 

Ein kleines Trostpflästerli bleibt dem Kanton Graubünden trotzdem: Mit dem neuen Fahrplankonzept ist man vom wichtigen touristischen Quellmarkt München eine halbe Stunde schneller in Graubünden. Nach St. Moritz sogar 50 Minuten schneller. Auch aus Köln, Nürnberg und Berlin dauert die Reise zukünftig weniger lang.

 

(Bild: GRHeute. Es zeigt den Bahnhof St. Gallen St. Fiden auf der Strecke Chur-Flughafen Zürich über St. Gallen.) 

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Rachel Van der Elst

Redaktionsleiterin/Region
Rachel Van der Elst mag Buchstaben: analog, virtuell oder überall, wo Menschen sind. In einem früheren Leben arbeitete sie unter anderm bei der AP, beim Blick, bei 20Minuten, beim Tages-Anzeiger und bei der Südostschweiz. In ihrer Handtasche immer dabei: Jasskarten.