Brienz muss sich für die Evakuierung rüsten

Brienz muss sich für die Evakuierung rüsten

GRHeute
05.05.2023

Die Situation in Brienz hat sich dramatisch verändert: Die Dorfbewohnerinnen und -bewohner müssen die Vorbereitungen für die Evakuierung treffen. Der Bereich «Insel» oberhalb des Dorfes kann in zwei bis sechs Wochen abbrechen.

Noch vor zwei Tagen befand sich das Dorf, in dem noch gut 100 Personen leben, in der Phase Grün. Phase Grün hiess: Im Moment gibt es keine akute Gefahr vom Berg hoch über dem Dorf. Man wusste aber auch: Phase Gelb kann jeden Moment eintreffen. Phase Gelb bedeutet: Zwischen zwei und sechs Wochen kann es dauern, bis der Berg abbricht. Wie und wo, weiss man erst, wenn es passiert. Deshalb sind die Bewohnerinnen und Bewohner aufgefordert, sich für die Evakuierung vorzubereiten, wie der Gemeindeführungsstab Albula/Alvra am Freitag bekannt gab. 

Der Frühwarndienst, die Fachgruppe Geologie/Naturgefahren und externe Experten haben am Freitag den Gemeindeführungsstab Albula/Alvra informiert, dass sich die Gefährdungslage für das Dorf Brienz/Brinzauls weiter verschärft hat. Der Teilbereich «Insel» mit einem geschätzten Volumen von rund 2 Mio. m3 hat sich weiter beschleunigt. Die Rutschungsgeschwindigkeit ist bei allen Messpunkten auf der Insel jetzt so hoch, dass gemäss der Modellrechnung der Experten in zwei bis sechs Wochen mit einem Abbrechen der Insel gerechnet werden muss.

Der Gemeindeführungsstab (GFS) hat am Freitag den Beginn der Phase GELB erklärt. Er ruft die Bewohnerinnen und Bewohner von Brienz/Brinzauls auf, die Vorbereitungen auf ihre Evakuierung so rasch wie möglich abzuschliessen, da beim Eintreten der nächsten Phase (ORANGE) die Evakuierung sofort eingeleitet wird und nur drei Tage für das Verlassen des Dorfes bleiben werden. Die Mitglieder des Gemeindeführungsstabs müssen jederzeit einsatzbereit sein.

Wie die Insel abbricht, weiss man im Voraus nicht

Die Insel kann teilweise oder ganz abbrechen. In welcher Art das geschehen wird, kann bis zum Ereignis nicht vorausgesagt werden. Am wahrscheinlichsten sind zahlreiche Felsstürze (von einigen tausend bis mehreren hunderttausend Kubikmetern). Halb so wahrscheinlich ist ein langsames, aber lange andauerndes Abrutschen als Schuttstrom, der das Dorf erreichen und beschädigen kann. Ein grosser, schneller und weitreichender Bergsturz (mit mehr als 500’000 Kubikmetern) ist viel weniger wahrscheinlich; er kann aber auch nicht ausgeschlossen werden.

Wann das Ereignis stattfindet, kann präziser vorausgesagt werden, wenn das Ereignis näherkommt. Auch über das Volumen (die Grösse) des Ereignisses können dann genauere Angaben gemacht werden. Bereits vor einem grossen Ereignis sind laufend Felsstürze aus dem westlichen Bereich der Insel zu erwarten, da dort Teilbereiche akut absturzgefährdet sind. Diese Felsstürze stellen keine Gefährdung für das Dorf dar, es ist aber sehr wichtig, die Sicherheitszone nördlich und westlich des Dorfes nicht zu betreten.

Die Gemeinde Albula/Alvra bietet den Betroffenen des Brienzer Rutsches eine kostenlose Hotline zur Beantwortung von Sachfragen und für die Besprechung der persönlichen Situation an. Sie wird vom erfahrenen Psychologen Jürg Marguth betreut. Die Inhalte der persönlichen Gespräche sind selbstverständlich vertraulich. Hotline für Betroffene: 079 936 39 39.

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(Bild: GRHeute)

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