Zu viele offene Fragen

Zu viele offene Fragen

Leserbrief
15.11.2018

Auffallend beim Abstimmungskampf zur Doppelinitiative sind die fehlenden inhaltlichen Argumente der Gegner. Da ist die Rede von der Zukunft, der angeblich falschen, strukturellen Kompetenzverschiebung, von allwissenden Expertengruppen, denen man doch vertrauen sollte. Auch die bereits ausgegebenen Millionen werden ins Feld geführt, die zu befürchtende Isolation beklagt und dass nun doch endlich Ruhe einkehren möge. Die ganz am Rand geschilderten Vorzüge des Lehrplans 21 beschränken sich auf  die Einführung der Fächer Medien und Informatik. Die Befürworter werden als reaktionär betitelt und die ganze Initiative gar als abwegig diffamiert.

Da bleiben viele offene Fragen. Mit welchen Ergebnissen wurde die neue Ausrichtung des LP 21 erprobt? Gibt es positive Forschungsresultate, die die Wirksamkeit von offenem Unterricht belegen? Existiert eine pädagogische Begründung für die Kompetenzorientierung? Was sagen die Berufsbildner zu den Fähigkeiten der Schulabgänger? Wie wirkt sich die falsche Vorgabe des LP21, dass erst ab der 3. Klasse Rechtschreibfehler korrigiert werden dürfen aus? Warum muss ein neu eingeführter Lehrplan, nach der Aussage des LEGR bereits angepasst und korrigiert werden? Und wie sehen mit der Ideologie der Inklusion die Leistungen der besseren Schülerinnen und Schüler aus?

Namhafte pädagogische Fachleute geben den Initianten Recht und bestätigen die Dringlichkeit von gut dokumentierten Antworten auf die obigen Fragen. Gerade die Zeitgenossen, deren Herz eher auf der linken Seite schlägt, müssten längst aufhorchen, wenn auch in der Schweiz von der bereits beginnenden Übernahme von Lernplattformen durch gewinnorientierte Konzerne wie Samsung berichtet wird. Oder wenn sogar in der Südostschweiz ein von einer Stiftung gesponsertes Loblied auf den individualisierten Unterricht mit Laptops erscheint. Da steckt kaum eine pädagogisch motivierte Absicht dahinter. Ganz zu schweigen von der bisher hochgehaltenen Chancengleichheit, die mit dem von den Initianten kritisierten «selbstorganisierten Lernen» zu Grabe getragen wird.

Wenn etwas in der Schule schief läuft, hat das Parlament als oberste Instanz, oder allenfalls die Bevölkerung, die Aufsichtspflicht und muss intervenieren.

 

Elisabeth Calcagnini, Buchen

 

(Bild: GRHeute)