Jugendliche bauen nach Walserart

Jugendliche bauen nach Walserart

GRHeute
27.06.2018

Barge, Bargün oder Bargia werden sie genannt, die kleinen Heuunterstände aus Rundholz meist oberhalb der Waldgrenze, von denen es im Kanton Graubünden einst unzählige gab. Die Walser haben sie vor langer Zeit errichtet, um darin das Heu zu lagern und es im Spätherbst als Futter für ihr Vieh in die Täler zu transportieren.

Heute sind diese Bargen oft verwittert und zerfallen, sie werden selten mehr genutzt. Jugendliche aus der Jugendstation ALLTAG in Trimmis haben im Rahmen eines Schulprojektes eine Orginalbarge errichtet, die ihren ursprünglichen Zweck erfüllt.

David und Paula Zippert aus Langwies führen einen Milchschafbetrieb. Sie bewirtschaften im Fondei auf über 2000 Meter sechs Hektaren Land, das selbst zu Fuss nur schwer zugänglich ist. Jedes Jahr wird ein Drittel davon gemäht, getrocknet und als Futterheu für ihre Schafe gelagert. Alle Bargen rundherum sind zerfallen. Höchste Zeit um nach dem Vorbild der Walser eine neue zu errichten, hat sich Roland Peretti gesagt. Für Peretti, Sozialpädagoge in der Jugendstation ALLTAG in Trimmis, dem einzigen vom Bundesamt für Justiz anerkannten Jugendheim des Kantons Graubünden, eine willkommene Abwechslung für den Werkkunterricht mit den acht internen Oberstufenschülern. Dazu der gelernte Schreiner: «Vom Baumfällen im Wald bis zur Montage von Holzschindeln auf der eigenhändig
erstellten Barge gibt es so viel zu erleben und zu lernen, dass es für ein ganzes Schuljahr reicht.»


Das Projekt beginnt im Januar 2017 mit einer Waldwoche. Zusammen mit einem Forstwart fällt die Gruppe die ersten Bäume und entastet diese. Die Stämme werden auf dem eigenen Transporterli aufs Gelände der Jugendstation ALLTAG in Trimmis gebracht. Schon bald liegen ein paar Dutzend Fichtenstämme von fünf bis sechs Metern Länge und einem Durchmesser von 12 bis 20 Zentimeter bereit, die im nächsten Arbeitsschritt entrindet und schliesslich gelagert werden. In einer zweiten Projektwoche im Juni wird die Barga «aufgetrölt» (aufgebaut), dazu werden die Stämme eingesägt und kreuzweise aufeinander gelegt.

Im Oktober 2017 wird die Barga in Trimmis abgebaut und mittels Holztransporter, landwirtschaftlichen Fahrzeugen und schliesslich mit Muskelkraft an den Bestimmungsort im Fondai unterhalb des Mattjisch Horn auf 2100 Meter gebracht. «Zum Glück hatten wir die Stämme richtig nummeriert», erinnert sich Claudio, ein 15-jähriger Schüler. Über den Winter werden in der Jugendstation Alltag aus sechs Qubikmeter Fichtenholz 1500 Dachschindel von vielen verschiedenen Händen herstgesellt. Schliesslich werden die Schindeln Anfang Juni 2018 in einer letzten arbeitsintensiven Woche zusammen mit David Zippert aufs Dach gelegt und durch die von Hand gespaltenen Dachlatten sowie mit je fünf bis sechs Dachsteinen und den Schwarlatten beschwert.

«Diese Barga dürfte wiederum zwei bis dreihundert Jahre halten», hofft David Zippert, der sich zusammen mit den Jugendlichen der Jugendstation Alltag ebenfalls über das gelungene Projekt freut.

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