Am Samstagabend um 18.30 Uhr gilt es für die Calanda Broncos so richtig ernst: Im Europacup-Viertelfinal gegen die Kragujevac Wild Boars aus Serbien geht es für den Schweizer Meister in der K.o.-Runde um den CEFL-Halbfinaleinzug. GRHeute hat mit dem US-amerikanischen Defense Leader Andre Blackett gesprochen.
Andre Blackett, am Samstag steht das erste internationale Spiel der Broncos in dieser Saison an. Wie fühlst du dich vor dem Auftakt?
Ich bin aufgeregt und voller Vorfreude. Es ist eine neue Herausforderung für mich und auch das Team ist sehr motiviert. Wir können es kaum erwarten, loszulegen.
Ihr hattet in der ersten Runde ein Freilos, jetzt trefft ihr auf die Kragujevac Wild Boars, die den serbischen Meister aus Belgrad in der ersten Runde deutlich besiegt haben. Was hältst du von eurem Gegner?
Das ist ein sehr gutes Team. Ihr Quarterback und auch der Running Back sind stark, sie haben viele talentierte Spieler. Es wird definitiv eine neue Herausforderung für uns, auch in der Defense. Gleichzeitig ist es für uns eine wichtige Chance, uns erneut in diesem Wettbewerb zu behaupten und zu zeigen, was wir können.
Wie ist die Stimmung in der Mannschaft vor diesem wichtigen Spiel?
Die Stimmung ist sehr positiv. Wir haben ein klares Ziel vor Augen, aber wir konzentrieren uns stark auf den Prozess dorthin, nicht nur auf das Endergebnis. Unser Fokus liegt darauf, in den «Playoff-Modus» zu schalten und als Team zu wachsen.

Die Vorbereitung war wahrscheinlich intensiver als vor dem letzten Spiel gegen Zürich?
Das ist eine knifflige Frage, weil wir jeden Gegner ernst nehmen. Aber ich glaube schon, dass wir diese Woche noch ein bisschen aufgeregter und fokussierter sind. Dieses Spiel bringt eine andere Art von Herausforderung mit sich – und entsprechend auch eine etwas veränderte Einstellung.
Es erinnert etwas an die Stimmung vor dem Spiel gegen Basel. Würdest du den Fokus damit vergleichen?
Ähnlich. Basel ist ein sehr gutes Team, gegen das wir sehr fokussiert waren. Diesmal ist es genau dasselbe – unser Anspruch ist es auch, dasselbe Spiel zu zeigen wie gegen Basel. Der Fokus bleibt unverändert hoch.
Kannst du uns etwas über eure Strategie verraten?
Da möchte ich nicht zu viel preisgeben. Was ich sagen kann: Wir müssen ihre Schlüsselspieler unter Kontrolle halten und sicherstellen, dass wir in den entscheidenden Momenten die wichtigen Stops in der Defense setzen. Das wird ein zentraler Punkt.
Die Broncos sind als Vizemeister des letzten Jahres Favorit gegen die Serben. Wie würdest du das aktuelle Team im Vergleich zur Vorsaison einschätzen?
Wir haben einige neue Gesichter im Team, deshalb ist ein direkter Vergleich schwierig. Aber was man sicher sagen kann: Wir haben aus der Niederlage im Finale letztes Jahr viel gelernt. Es gibt heute eine andere Form von Leadership und ein besseres Verständnis für das Spiel. Trotzdem war das Team letztes Jahr ebenfalls sehr stark. Wir vermissen einige Spieler wie den leider verletzten Sebastian Katz oder Leistungsträger wie Romedi Parolini, Philip Holm und natürlich Rex Mahrer, die nicht mehr dabei sind – sie waren wichtig für uns. Aber wir haben auch einige neue Spieler, die von Woche zu Woche mehr raufsteppen.
Für dich persönlich ist es die zweite Saison bei den Broncos. Wie gefällt es dir in Chur?
Ich fühle mich sehr wohl hier – Chur ist für mich zu einem Zuhause geworden. Die Broncos haben mir eine grosse Chance gegeben, wofür ich besonders Coach Geoff Buffum dankbar bin. Er hat mir diese Möglichkeit eröffnet. Ich wusste nicht, was mich in der Schweiz erwarten würde. Aber alles, was mir Coach Buffum gesagt hat, ist genau so eingetroffen. Er ist ein sehr ehrlicher und verlässlicher Coach.
Wie empfindest du das Leben in einer Kleinstadt?
Ich geniesse es. Ich komme aus Houston, einer grossen Stadt in Texas – da ist Chur natürlich viel kleiner. Ich finde es toll, dass man hier andere Spieler und Fans einfach auf der Strasse trifft. Das gibt dem Ganzen eine sehr persönliche, fast familiäre Atmosphäre. Und die Stadt selbst ist wunderschön – ich mag es wirklich sehr hier.
Du hast kürzlich einen Ausflug zur Rheinschlucht gemacht. Wie war das?
Das war grossartig. Es war mein erster richtiger Ausflug in die Berge, und die Landschaft dort hat mich beeindruckt. Es war wirklich ein schönes Erlebnis.
Und wie kommst du mit der deutschen Sprache zurecht?
Ich habe ein paar Wörter gelernt: „Guten Morgen“, „Dankeschön“, „Tschau“ – aber das war’s dann auch schon. Die Sprache ist schon schwierig für mich.
Was ist für dich der grösste Unterschied zwischen dem Leben in der Schweiz und in den USA?
Was mir besonders gefällt: Ich habe vor drei Jahren meine Ernährungsweise umgestellt. In den USA ist das Essen oft ungesünder. Hier esse ich deutlich bewusster und gesünder, und das spüre ich auch körperlich. Es geht mir besser.

Gibt es denn auch etwas, das du aus den USA vermisst?
Auf jeden Fall das Soulfood aus Texas! Ich vermisse Mac and Cheese, Cornbread, Catfish, Crawfish – und natürlich die richtig guten Burger, die es in Texas überall gibt.
Du spielst nicht nur mit Max Gray, einem weiteren Amerikaner, sondern hast mit Geoff Buffum und Alonso Espinosa auch zwei US-Coaches an deiner Seite. Wie ist euer Verhältnis?
Ich komme mit allen dreien sehr gut aus. Coach Alonso ist mein Lieblingscoach – er ist ja auch mein Defense Coordinator. Er ist unglaublich klug und erkennt genau, was ich auf dem Feld leisten kann. Er fordert mich, nicht nur ein guter Spieler, sondern auch ein Leader zu sein. Auch Coach Buffum und Max pushen mich ständig. Sie geben mir im Training sehr gute Szenarien, um mich weiterzuentwickeln. Coach Buffum ist extrem smart und ehrlich – er sieht sehr viel, ich würde fast sagen, er ist ein Football-Genie. Es hilft mir enorm, von solchen Coaches umgeben zu sein – sie haben mein Football-Wissen auf ein neues Level gehoben.
Du unterstützt auch das Jugendprogramm und hilfst im Training mit. Könntest du dir vorstellen, in Zukunft als Coach zu arbeiten?
Ja, absolut. Wenn meine aktive Karriere irgendwann zu Ende geht – hoffentlich aber noch nicht zu bald -, dann könnte ich mir das sehr gut vorstellen. Schon im College habe ich gerne mit jüngeren Spielern gearbeitet. Es macht mir Freude, mein Wissen weiterzugeben.
Die USA hatten zuletzt nicht das beste Image in Europa. Spürst du das als Amerikaner hier in der Schweiz?
Dazu möchte ich lieber keinen Kommentar abgeben. Natürlich bin auch ich nicht mit allem glücklich, was gerade passiert. Aber die USA sind ein grosses, freies Land. Es wäre schön, wenn man nicht alle Amerikaner in den gleichen Topf werfen würde.
Du hast in Rhode Island auf FCS-Level gespielt. Wie würdest du das Niveau des europäischen Footballs einschätzen?
In den USA sind vor allem die O-Liner und D-Liner physisch noch mal auf einem anderen Level. In der Division 1 ist alles insgesamt schneller. Aber der europäische Football wächst, und man sollte ihn nicht unterschätzen. Letztes Jahr war ich überrascht, wie stark einige Teams sind. Ich nehme die Konkurrenz hier inzwischen ganz anders wahr – das Niveau ist höher, als viele denken.
Hast du das Gefühl, dass die Leidenschaft für den Sport hier genauso gross ist?
Auf jeden Fall. Viele Jungs hier sind total engagiert, sie arbeiten hart und geben alles für das Spiel. Die Liebe zum Football ist hier genauso stark wie in den USA – das hat mich überrascht und beeindruckt.
Was müsste sich deiner Meinung nach verbessern, um Football in der Schweiz weiterzuentwickeln?
Vor allem die Offense Line und Defense Line – in diesen beiden Bereichen gibt es noch viel Potenzial. Es gibt zwar viele gute Spieler, aber gerade da könnten meiner Meinung nach noch einige Fortschritte gemacht werden. Ich glaube zwar, dass wir mit unserer O-Line die beste in Europa haben – aber natürlich können nicht alle Teams so sein wie wir. (lacht)
Die Schweizer Liga gilt in diesem Jahr als deutlich ausgeglichener. Würdest du dem zustimmen?
Ja, auf jeden Fall. Bern ist viel stärker geworden, auch Genf hat sich verbessert. Basel ist ebenfalls etwas besser geworden, Thun ist ohnehin immer gefährlich und auch Winterthur hat Fortschritte gemacht. Man darf keinen Gegner unterschätzen.
Hast du schon Pläne für die Zeit nach dieser Saison?
Noch nicht wirklich. Im Moment bin ich ganz auf diese Saison fokussiert – auf den Prozess, nicht auf das, was danach kommt.

Zurück zum Spiel gegen Kragujevac: Die Wild Boars haben mit Isaiah Green einen erfahrenen amerikanischen Quarterback, dazu mit dem blitzschnellen Zachery Smith einen amerikanischen Running Back, dazu einige sehr physische Spieler in der Line. Ihre Offense wirkt sehr gefährlich, oder?
Ja, sie ist sehr explosiv. Sie haben in der ersten Runde gegen Belgrad über 40 Punkte gemacht, der Running Back allein hatte vier Touchdowns. Es wird eine grossartige Herausforderung, sich mit so einer Offense zu messen und zu sehen, was wir dagegensetzen können.
Es ist auch euer zweites Spiel im neuen Stadion. Wie gefällt es dir?
Wir lieben das neue Stadion. Es ist wunderschön – ich bin überzeugt, es ist das beste Stadion in der Schweiz. Der Rasen ist top, die Tribünen sind grossartig. Es wäre richtig cool, wenn wir es am Samstag vollbekommen würden.
Was dürfen die Fans von den Broncos erwarten?
Sie dürfen sich auf ein spannendes und physisches Spiel freuen. Es wird ein echtes Duell – ein richtiger Showdown.
- Sa, 15 h: Carlstad Crusaders (SWE) – Bristol Aztecs (ENG)
- Sa, 18 h: Thonon Black Panthers (FRA) – Badalona Dracs (ESP)
- Sa, 18 h: Calanda Broncos (SUI) – Kragujevac Wild Boars (SER)
- So, 15 h: Schwäbisch Hall Unicorns (GER) – Warschau Eagles (POL)
Tickets zum grossen Europacup-Spiel im neuen Stadion Obere Au gibts hier.
GRHeute ist Medienpartner der Calanda Broncos.
(Bilder: Sergio Brunetti/stockpix.it)