Zusammenarbeit in Graubünden – Was läuft da schief?

Zusammenarbeit in Graubünden – Was läuft da schief?
Juerg Kurath
25.10.2018

Nicht nur, aber auch im Sport wird in Graubünden immer wieder versucht, erfolgsorientiert zusammenzuarbeiten, Synergien zu nutzen, dadurch die Leistung zu steigern und einzelne Sportler oder eine ganze Mannschaft zu verbessern. Es muss aber etwas schief laufen bei uns, denn trotz oft grossen Anstrengungen bleiben nachhaltige Erfolge fast durchwegs aus. GRHeute ist der komplexen Frage nach dem „warum“ nachgegangen.

Der Begriff „Zusammenarbeit“ steht unter anderem für Kooperation, das heisst zweckgerichtetes Zusammenwirken von Handlungen zweier oder mehrerer Individuen oder auch Systeme, um dank Arbeitsteilung ein gemeinsames Ziel zu erreichen.

Im Fussball und im Eishockey werden in unserem Kanton schon seit jeher immer wieder Konzepte ausgearbeitet, um gemeinsam eine Leistungssteigerung anzustreben und diese dann lieber früher als später auch zu realisieren, bisher allerdings mit doch eher mässigem Erfolg. Auch im Volleyball hat man vor einigen Jahren das Projekt „Rätia Volley“ lanciert, um den einheimischen Nachwuchs leistungsorientiert fördern zu können und darüber hinaus eine Mannschaft in einer nationalen Liga als Aushängeschild und Vorbild präsentieren zu können. Nachdem sich aber vor den ursprünglich vier Mitgliedervereinen Volley Untervaz und der VBC Viamala Thusis schon zurückgezogen haben und der VBC Arosa dies auch bald zu tun gedenkt, bleibt nur noch der VBC Chur übrig.

Auch sportlich ist man nach ersten Erfolgen mit dem unnötigen Abstieg des 1. Liga-Frauenteams von Rätia Volley Ende letzter Saison vom Weg abgekommen, wobei die Wahrung des Ligaerhalts anfänglich auch stets mit grossem Aufwand in Form von ausländischen Verstärkungsspielerinnen verbunden war, was verständlicherweise nicht überall goutiert wurde. Die Dorfvereine, welche mit der Nachwuchsförderung die eigentliche Basisarbeit verrichteten, beschwerten sich immer mehr darüber, dass die Zusammenarbeit gar keine mehr war, weil der Austausch von Spielerinnen fast nur in eine Richtung erfolgte. Dieselben Probleme lassen sich übrigens auch im Bündner Fussball und im Eishockey beobachten. Zudem trug die Tatsache, dass sich Rätia Volley als Auswahlteam am Bündner Volleyball Cup beteiligen und ihn über Jahre hinweg dominieren konnte, nicht viel zu seiner Popularität bei.

Eine Vogel-Strauss-Politik bringt den Bündner Sport nicht weiter

Wenn man den Vereinen über Jahre hinweg die besten Leute wegnimmt und kaum einmal etwas zurückkommt, schwächt man sie auch dadurch, dass ihrem Nachwuchs dann auch die Vorbilder fehlen, was eine leistungsorientierte Nachwuchsförderung erschwert oder sogar verunmöglicht. Ein faire und nachhaltige Zusammenarbeit sollte deshalb eine Win-win-Situation sein, die für alle Beteiligten Vorteile bringt. In Graubünden artet das Zusammenwirken aber leider fast durchwegs in ein einseitiges Ausnützen aus, bei dem nur die eine Seite profitiert. Und das hat rein gar nichts mit unserer Eigenständigkeit oder Eigensinnigkeit zu tun, sondern mit der fehlenden Bereitschaft, alle am Erfolg teilnehmen zu lassen. Da von engstirnigem Vereinsdenken oder Neid zu sprechen, ist absolut unsinnig und unfair und entspricht auch nicht der Realität.

Wenn die Sportförderer in unserem Kanton im Fussball, Eishockey und Volleyball etc. nicht bereit sind, ihren Egoismus zu bändigen, sich ernsthaft zu hinterfragen, über ihren Schatten zu springen und die Sache, den gemeinsamen Weg und das Ziel kompromisslos in den Mittelpunkt zu stellen, ist absehbar, dass die sportlichen Fortschritte auch in Zukunft in engem Rahmen bleiben werden. Ansonst können sie wenigstens weiterhin klönen und verzweifelt die Hände verwerfen.    

 

(Bild: GRHeute)

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Juerg Kurath

Redaktor Sport
Langjähriger Berichterstatter des Bündner Sports, der BZ und der SO. Aktiver, Trainer und Funktionär in Leichtathletik, Triathlon, Biken, Volleyball, Fussball, Korbball, Handball, Casting und Bob.