Der Frauen*streik und Käpt’n Kirk

Der Frauen*streik und Käpt’n Kirk

«Computerlogbuch der Enterprise, Füdlibürger Stalder, Sternzeit 0190614,25: Wir sind mit Warpgeschwindigkeit unterwegs durch einen Staubnebel im Dunkel des Weltalls mit dem Ziel, der Erde zu entfliehen und das goldene Verliess zu finden. Lieutenant Commander Uhura ist heute nicht an Bord. Unser Schiff bedarf einer Reparatur auf halber Strecke. Wir werden das benötigte Material von den Klingonis mittels Teleportation auf die Entreprise beamen.»

Der Frühstückswrap hängt uns noch in den Zähnen, der Rücken des älteren Offiziers am Boden schmerzt. Der Jungspund dagegen reist unerbittlich weiter durch die Sternenzeit; mir nichts, dir nichts verschmelzen an diesem Morgen griechische Mythologie, kindliche Fantasiewelten und Erwachsenen-Popkultur der 1960er zu einem neu zusammengesampelten Ganzen.

Derweil in rhätischen Landen brechen heute nicht die Massen, sondern bestenfalls Teile davon auf, um für die eigene Sache einzustehen. Der lange angekündigte Frauen*streik ist endlich da und entfaltet, so ist zu hoffen, die erwünschten Wirkungen. Auch, nein, erst recht im Land der hundertfünfzig oder noch mehr Täler. Der Blick auf die Veranstaltungskarte lässt erkennen, dass neben Aktionen in Chur auch welche in Domat/Ems und Ilanz geplant sind. Was die Frauen und die mutmasslich hinterher marschierenden Mannen in Arezen, Cinuos-chel, Miralago, Promontogno oder Zignau tun, wissen wir (noch) nicht. Die Höhenfeuer der neu erstarkten Streikkultur aber werden übers ganze Land strahlen. Wenn auch das kleine violette Wörtchen, das sich zur Marke mausert, vorgaukelt, etwas Einheitliches zu thematisieren, so werden heute am «Streikraclette» oder an «Staubsaugeraktionen» sehr unterschiedliche Frauen – und mit Ihnen unterschiedliche Anliegen von Frauen – auf die Strasse gehen. Ist die Strasse der richtige Ort dafür? «Ich halte die Strasse keineswegs für ein ganz besonders geeignetes Mittel, seine Meinung bekannt zu machen», argumentierte einst Ulrike Marie Meinhof um sich zu beeilen, konkretisierend klare Sätze wie funkelnde, auf eine Kette aufgereihte Edelsteine nachzuschieben. «Wenn einem aber nichts anderes übrig bleibt, wenn man also…».

Der Rest ist Geschichte. Diese «Wenn’s» als Begründung treffen für unsere Nachfrage zum und am heutigen Tage nur noch bedingt zu, Öffentlichkeit kann heute, anders als 1968, vielgestaltiger und wesentlich einfacher erreicht werden. Ein Hashtag genügt. Dennoch hat die demokratische Gebrauchmachung der Strasse als eine (nicht als einzige!) Öffentlichkeit, ihre Berechtigung. Nach wie vor. Gescheite Köpfe hat die Bewegung genug, um ausserparlamentarisch auch neben der Strasse Wege zu finden, die tugendhaft erwartbare ‹Mesotes›, die nach Aristoteles kluge Mitte, nicht aus den Augen zu verlieren. Anders als damals die oben zitierte «konkret»-Kolumnistin», die im Kontext der Zeitgeschichte dem ‹Zuviel› und ‹Zuwenig› gleichermassen anheimgefallen ist.

Ob die auf der Strasse Anwesenden die mehr oder weniger selbstzufriedenen Frauen, die zuhause geblieben sind, vermissen werden?

Im Kern steht das vom collectif romand de la grève verfasste Manifest für den feministischen Streik in einer langen Tradition, welche Gerechtigkeit für alle (!) als ausgemacht ansieht; als Haupttugenden für das menschliche Handeln würden Wahrheit und Gerechtigkeit keine Kompromisse dulden, erinnern wir John Rawls. Ich halte mit ihm dafür und schiebe nach, dass «wir» alle das auch wollen sollen. Dieses Wollen steht heute wohl irgendwie mit am Pranger.

Während die Zürcherinnen ihre «Klitoriswanderung» vorbei an den Spionagegeräten  auf Plakatwänden unter die Füsse nehmen, und so deren Kampftiraden direkt aufgezeichnet werden (den Star Trek anmutenden schwarzen Kästchen der Firma Beem sei Dank), bleibt den Anderen im bergigen Hinterland immerhin das konzertante Spiel mit Pfannen. Vielleicht hört die jemand. Käpt’n Kirk hätte so oder so seine helle Freude daran und macht sich wieder auf in die unendlichen Weiten: neben den Spielsteinen, unterm Bett, sonst wo. Das ist gut so. Die Männer, gerne auch vorlaute Kolumnisten, haben sich an Tagen wie diesen am Ende des Streikzuges einzureihen – ermutigend, unterstützend. Mit Klappe zu.

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Kolumnist Bildung & Soziales, Schulleiter, Dozent und eine COIRASONhälfte. Zum Essen trinkt er Rotwein, beim Schreiben Espresso.