Napa ist tot

Napa ist tot
GRHeute
04.11.2020

Nachdem sich der Gesundheitszustand von Napa, dem ersten Bewohner im Arosa Bärenland, weiter verschlechterte und die Medikamente nicht mehr die erwartete Wirkung zeigten, musste der 14-jährige Bär am Mittwochmorgen von seinem schweren Leiden erlöst werden. 

Bei Bär Napa, dem ersten Bewohner vom Arosa Bärenland, wurde im Juni 2020 eine Epilepsie diagnostiziert. Der Bestandstierarzt Dr. med. vet. Wolfgang Zenker, ein erfahrener Wildtierspezialist, begann eine gezielte Behandlung, um weiteren epileptischen Anfällen vorzubeugen. Das gesamte Team vom Arosa Bärenland umsorgte Napa und vorerst zeigte der Bär keine Anfälle mehr. Nach einer kurzen Besserungsphase erlitt er aber wieder vermehrt Zitteranfälle und musste deshalb zwecks besserer Beobachtung im Innengehege bleiben. Eine veterinärmedizinische Untersuchung in Narkose gab keine verlässlichen Hinweise auf die Ursache der Epilepsie.

Ab September erholte sich Napa erfreulich gut. Er teilte die Anlage wieder gemeinsam mit Amelia und Meimo und setzte sich wie vorher gegenüber beiden Artgenossen meistens durch. Am 20. Oktober hatte er leider wieder einen epileptischen Anfall und die Dosierung der Medikamente wurde unverzüglich erhöht. Die Wirkung war jedoch geringer als zuvor und Napas Wohlbefinden stark eingeschränkt. Die Analyse der verantwortlichen Tierärztinnen und Tierärzte ergab, dass weitere Behandlungen mit geringsten Chancen auf Erfolg beschieden sind und dass Napa offensichtlich leidet. Diese Schlussfolgerung führte die Leitung von «Vier Pfoten» in enger Absprache mit den Verantwortlichen und Tierpflegerinnen und Tierpfleger vom Arosa Bärenland schweren Herzens zum Entscheid, Napa im Alter von erst 14 Jahren von seinem Leiden zu erlösen.

«Wir sind bestürzt»

«Wir sind alle bestürzt und unendlich traurig über diesen grossen Verlust», sagt Pascal Jenny, Präsident der Stiftung Arosa Bären. «Mit Napa haben wir den ersten Aroser Bär mit grosser Ausstrahlungskraft verloren. Napas Geschichte und seine Verhaltensentwicklung bewegte die Herzen aller Bärenfreundinnen und Bärenfreunde. Wir werden Napa pathologisch untersuchen lassen mit dem Ziel, die Ursache seines gesundheitlichen Problems herausfinden zu können. Einen Teil der sterblichen Überreste werden wir in Form von Asche zu gegebenem Zeitpunkt in Arosa verstreuen. Wir planen, nächstes Jahr im Arosa Bärenland einen Gedenktag zu veranstalten.»

Alexandra Mandoki, Länderchefin von «Vier Pfoten» Schweiz ergänzt traurig: «Napa hatte mit seinem freundlichen Wesen eine grosse Fangemeinschaft. Im Hinblick auf seine frühere Leidensgeschichte, ist es für mich schön zu wissen, dass er noch eine wunderbare Zeit im schönen Arosa Bärenland verbringen durfte. Auch wenn ich mir natürlich gewünscht hätte, dass diese länger gewesen wäre. Wir alle werden ihn sehr vermissen und er bleibt für uns stets ein Symbol für alle Tiere, denen wir helfen dürfen.»

Gesellschaft bekommen

Napa war der erste Bär, welchen «Vier Pfoten» aus einer misslichen Haltung befreite und nach Arosa brachte. Bis zu seiner Rettung Ende Oktober 2016 lebte Napa unter schrecklichen Verhältnissen im heute geschlossenen serbischen Zirkus Corona in der Stadt Srbobran. Das Rettungsteam fand ihn damals in einem winzigen, verrosteten und vermüllten Metallkäfig vor, der keinerlei Schutz vor Regen und Sonne bot. Der gross gewachsene Bär konnte sich in seinem Käfig nicht einmal aufrichten – und das vermutlich jahrelang. Denn da es in Serbien bereits seit 2009 ein Wildtierverbot in Zirkussen gibt, ist anzunehmen, dass er über Jahre nicht aufgetreten ist und seinen Käfig kaum verlassen konnte. Im Sommer 2018 durfte er im neuen Bärenschutzzentrum in Arosa einziehen. Auf knapp drei Hektaren artgemässem Naturgehege mit zahlreichen Beschäftigungsmöglichkeiten, mehreren Teichen, Sträuchern, Bäumen und Weiden, durfte Napa die letzten zwei Jahre ein bärengerechtes Leben führen. Eindrücklich war, wie er in regelmässigen Lernschritten zunehmend das natürliche Verhalten von Bären annahm. Er lernte was Gras, Erde und Bäume sind, wie er ein Gefälle herunterlaufen kann, was Nahrungssuche bedeutet und wie sich Schnee anfühlt.

Mit dem erstmaligen Antreten einer Winterruhe hat Napa dem Arosa Bärenland schlussendlich das grösste aller Komplimente gemacht. Die Winterruhe wird von Bären nur dann gehalten, wenn sie sich wohl fühlen und ist damit ein Ausdruck der artgemässen Haltung im Arosa Bärenland. Im Frühjahr 2019 bekam Napa dann zwei «Gspänli». Amelia und Meimo, zwei der letzten albanischen Restaurantbären, wurden von«Vier Pfoten» aus einer nicht tiergerechten Haltung befreit und fanden mittels Wintertransport ihren Weg in ihr neues Zuhause im idyllischen Bergdorf Arosa. Nach mehreren Monaten beobachtungsintensiver Eingewöhnungszeit war es dann soweit und Napa durfte seinen ersten direkten Kontakt mit anderen Bären erfahren. Die Vergesellschaftung von Amelia, Meimo und Napa war geglückt und so lebte Bär Napa sein letztes Jahr in Gesellschaft mit den beiden Bären. So entfaltete er sein natürliches Sozialverhalten, wobei er sich als dominantes Männchen behauptete. Er trug viel dazu bei, den Besucherinnen und Besuchern vom Arosa Bärenland auf erlebnisreiche Art, Wissen über den Tierschutz sowie die Biologie der Bären zu vermitteln.

 

(Bilder: zVg.)

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