Liebes Bündnerfleisch.

Liebes Bündnerfleisch.

Du bist geflogen. Ganz hoch. «Mission High Dry» nannte sich das, was Dich mit einem Heliumballon 40’000 Meter in die Luft brachte. Organisiert von vier Bündnerfleisch-Produzenten aus dem Kanton, unterstützt von der Marke Graubünden, beworben auch von Graubünden Ferien. «Schauen wir mal, was passiert», dachte das als Astronauten verkleidete Quartett, bevor sie ihr carne ego auf die Reise schickte. Vielleicht, so eine der Mutmassungen, kann man dich nachher gar nicht mehr essen?

Dass wir das Bullshit finden, haben wir hier beschrieben.

Um exakt 10.27 Uhr am Sonntagmorgen schickten sie Dich in Parpan mit einem Ballon hoch. Um 13.17 Uhr landetest Du 40 Kilometer entfernt mit einem Fallschirm. Fast wie Felix Baumgartner damals! Dieses Erlebnis gab es also, Irrtum vorbehalten, nur zweimal bisher. Du und Felix Baumgartner. Für wen es die grössere Ehre ist, wollen wir hier nicht diskutieren, aber wir lassen es uns auf der Zunge zergehen: Felix Baumgartner und Bündnerfleisch. Red Bull Stratos und «Mission High Dry».

Felix Baumgartner war nach seinem Stratosphärenflug ganz sicher Gaga. Ein Mensch verarbeitet das nicht einfach so, da sind wir uns sicher. Die Eindrücke, die Geschwindigkeit, die Aussicht – es war mit Bestimmtheit voll geil und wir geben gerne zu: Wir sind ein bisschen neidisch. Eigentlich würden wir die Erde auch gern einmal aus der Stratosphäre betrachten. Aber gut: Wir sind nicht Felix Baumgartner. Und wir sind, leider, auch kein Bündnerfleisch.

Du, so schreibt uns die Marke Graubünden, bist danach 30 Gramm leichter. Bei Weight Watchers wäre man damit aus dem Rennen; beim Bündnerfleisch sagt Ludwig Hatecke: «Spannend!» Ja, das finden wir auch. Für Ludwig Hatecke bedeutete es auch: Der «Mocka One» (Liebe Unterländer: Das meint einen Mocken, nicht Kaffee in falsch) hat noch weniger Feuchtigkeit als angenommen. Und: Der Flug in die Stratosphäre hat Dich dunkler gemacht und Dir eine weisse Ummantelung verpasst; wir stellen uns das vor wie bei einem Salsiz.

Der Geschmack, so ist sich das Quartett, das Dich in den Himmel jagte, sicher: «anders, aber etwa gleich gut.» Auch das lassen wir uns auf der Zunge zergehen: Anders, aber gleich gut. Das klingt nicht nach einem grossen Abenteuer!

Felix Baumgartner sagte nach seinem Fall aus der Stratosphäre: «Mir sind 20 Tonnen Last von den Schultern gefallen». Klingt irgendwie sexier. Und ereignisreicher. Und nach einem echten Erlebnis.

Bündnerfleisch, bleib in Zukunft auf dem Boden. Für 30 Gramm weniger Gewicht und «anders, aber gleich gut» lohnt sich der Aufwand nun wirklich nicht. Und: Ganz, ganz viele auf der Welt mögen Dich trotzdem, auch ohne das Prädikat «anders», im Gegenteil: Ganz so wie Du bist.

(Bild: Pixabay)

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Rachel Van der Elst

Redaktionsleiterin/Region
Rachel Van der Elst mag Buchstaben: analog, virtuell oder überall, wo Menschen sind. In einem früheren Leben arbeitete sie unter anderm bei der AP, beim Blick, bei 20Minuten, beim Tages-Anzeiger und bei der Südostschweiz. In ihrer Handtasche immer dabei: Jasskarten.

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