Bergsee statt Mittelmeer

Bergsee statt Mittelmeer

Reto Crameri
14.05.2020

Thomas Jordan – Präsident des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank – sagte kürzlich in einem Interview, dass wir noch lange von der Coronakrise geprägt sein werden. Langzeitschäden in der Wirtschaft seien nicht auszuschliessen und es handle sich um die schwerste wirtschaftliche Krise seit dem zweiten Weltkrieg.

 

Die Folgen von der Coronakrise werden vor allem auch die Jungen spüren, denn die immensen staatlichen Gelder – welche aktuell gesprochen werden – wird jemand dereinst zu bezahlen haben. Damit die Wirtschaft sich nach der Coronakrise wieder erholen kann, braucht es einen breiten Strauss an Massnahmen. Bund, Kantone und Gemeinden werden nicht umhinkommen, Konjunkturprogramme zu schnüren. Es ist der richtige Zeitpunkt, Investitionen zu tätigen, die bisher auf die lange Bank geschoben wurden. Eine besondere Herausforderung wird dabei die Förderung des Tourismus sein, wird doch im Kanton Graubünden rund ein Drittel der Wertschöpfung direkt oder indirekt in dieser Branche generiert. Aus meiner Sicht muss hier ein Ansatzpunkt darin bestehen, noch mehr auf Schweizer Gäste zu setzen – ganz im Sinne von: Bergsee statt Mittelmeer.

 

Mit finanziellen staatlichen Unterstützungen ist es allerdings nicht getan. Die Coronakrise bietet auch eine Chance. Und zwar endlich und effektiv Bürokratie abzubauen. Wenn wir der Wirtschaft wieder mehr Freiheiten einräumen, kann sie sich mittel- und langfristig besser von der Krise erholen. Nur so kann es gelingen, den Schaden in Grenzen zu halten und neue Perspektiven zu eröffnen. Ein Ansatzpunkt ist die Raumplanung: es braucht wieder mehr Spielräume. Projekte sollen rasch, effektiv und unkompliziert realisiert werden können. Dass Bauprojekten mehrere Jahre in Anspruch nehmen, bis endlich eine rechtskräftige Baubewilligung vorliegt, ist Gift für jeden Investor. Wir müssen Hürden abbauen. Dazu gehört auch das Bauen ausserhalb der Bauzone. Im Kanton Graubünden, wo gerade mal 2% der gesamten kantonalen Fläche dem Siedlungsgebiet angehört, bestehen andere Anforderungen an die Raumplanung als im Mittelland, wo sich bis zu 15% des Kantonsgebietes in der Siedlungsfläche befinden. Was nützen uns schönste Landschaften, wenn kein Mensch sie besucht und keine Wertschöpfung generiert wird? Ein gutes Beispiel ist der Wanderweg durch die Ruinaulta, den das Bundesgericht kürzlich faktisch verunmöglicht hat. In der Raumplanung herrscht leider der Grundsatz, dass möglichst viel verhindert werden soll. Die Gerichte schaffen immer mehr Präjudizien und die Gesetzgebung zieht mit und eröffnet alle erdenglichen Möglichkeiten, dass Einsprachen erhoben und dann auch noch gutgeheissen werden können.

 

Ich bin überzeugt: die Coronakrise bietet uns auch eine Chance – nämlich die Chance, Bürokratie und unnötige Hürden abzubauen. Nutzen wir die Chance und handeln wir nach dem Grundsatz: erlauben statt verhindern.

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(Bild: zVg)

Reto Crameri ist CVP-Grossrat und Gemeindevorstand von Albula/Alvra. Er wohnt in Surava und arbeitet als Rechtsanwalt in Chur.