Welches Zeugnis bekommt unser Corona-Bundesrat?

Welches Zeugnis bekommt unser Corona-Bundesrat?

Machts der Bundesrat gut oder macht ers schlecht? Die Meinungen über das Krisenmanagement unserer Landesregierung gehen weit auseinander. Zwei Perspektiven.

???? Der Bundesrat machts super!

BAG-Direktor Daniel Koch ist das Gesicht der Schweizer Corona-Krise, Gesundheitsminister Alain Berset die politische Leaderfigur. Beide kommen unaufgeregt rüber, die jeweils eingeleiteten Schritte waren und sind nachvollziehbar. Man verstand, warum man die Schrauben anziehen musste – und warum sie jetzt auch wieder gelockert werden. Die Kommunikation war und ist transparent und klar. Als die Corona-Krise am Scheideweg stand, verschärfte man die Massnahmen, ohne in Aktionitis zu verfallen und ohne der Bevölkerung alle Rechte zu entziehen. Dass der Bundesrat den Schweizerinnen und Schweizern die Selbstverantwortung zutraute und zutraut, zahlt sich aus. Die bundesrätliche Strategie hat die Schweiz zusammengebracht, Solidarität geweckt – und sie wirkt: Das Gesundheitswesen kam fast nirgendwo an den Anschlag, der Wirtschaft wurde und wird umgehend und unbürokratisch geholfen.

Wenn die Krise mit den schrittweise Lockerungen weiterhin unter Kontrolle behalten und letztlich überstanden wird, dann hat der Bundesrat alles richtig gemacht. Er bezieht sich auf wissenschaftliche Ergebnisse – wie zum Beispiel beim Nutzen von Masken – statt auf die Panikmache in den Medien. Derweil viele in Aktionitis verfallen, behält der Bundesrat einen kühlen Kopf. Man darf auch nicht vergessen, dass eine derartige Epidemie für alle Neuland ist: Im Nachhinein ist es immer einfach, zurückzublicken und zu sagen, dies und jenes hätte man besser machen können. Insgesamt hat unsere Landesregierung aber ihre Verantwortung wahrgenommen und frei von Panik und Hektik die nötigen Schritte veranlasst.

Fazit: Unser Bundesrat hat die geforderte Leaderrolle übernommen, mehrheitlich die richtigen Massnahmen getroffen – ohne die Bevölkerung zu stark zu bevormunden – und klar und transparent informiert. Starke Leistung, weiter so!

 

???? Eine chaotische Führung!

Das chinesische Wuhan und sogar unser benachbartes Norditalien versanken im Corona-Chaos, die Epidemiologen warnten verzweifelt – doch unser Bundesrat wartete im März geschlagene zwei Wochen, bis er einen Einreisestopp verhängte und die Grenzen zumindest halbwegs dicht machte. Zwei Wochen, die Milliarden kosteten und Menschenleben forderten. Normalerweise wären solche Fakten Grund genug, die Verantwortlichen aus dem Bundeshaus zu jagen. Als die Regierung dann endlich tätig wurde, war das Chaos nach einer Woche komplett: Der Bund verschärfte fast im Tagesrhythmus die Vorgaben, die Kantone kommunizierten ihre eigenen Regeln und Städte (wie Chur) preschten ihrerseits mit eigenen Vorschriften vor. Nach einigen Tagen des Lockdowns wusste niemand mehr, was eigentlich gilt. Auch wirtschaftlich überzeugen die Massnahmen nicht: Zum einen wurden panikartig Milliarden «verschenkt», zum andern völlig willkürlich Branchen geöffnet und andere geschlossen. Die absurden Folgen sind bekannt: Man darf sich zum Einkaufen treffen, aber nicht zum Tennis spielen. Im Detailhandel darf man Essen kaufen, aber keine Non-Food-Artikel im selben Geschäft. Die Grossen dürfen diese nächste Woche wieder verkaufen, die Kleinen nicht.

Das Thema Masken wurde kleingeredet, weil unser Bundesrat es offenbar besser weiss als der Rest der Welt. Wochenlang hiess es, Masken wirken nicht – gleichzeitig bestellte man sie en gros, weil man offenbar zu wenig hatte und davon mit der Behauptung, sie nützten nichts, ablenken wollte. Gleichzeitig hievte das Staatsfernsehen SRF Bundesrat Berset mitten in der Krise bereits überschwänglich auf den Sockel eines «Volkshelden». Die Bundesregierung dankte es SRF letzte Woche mit einem weiteren Geldregen – und dem wahnsinnig grosszügigen Almosen von 30 Franken TV-Gebührenreduktion für die Bürgerinnen und Bürger. Ein mehr als schlechter Scherz angesichts der voraussehbaren mittel- und langfristigen wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise – und der bundesrätlichen Entscheidungen.

Fazit: Bundesrat Berset gibt keine überzeugende Rolle als Gesundheitsminister ab. Und von Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga haben wir in der Krise einzig gelernt, dass sie schlicht keine Führungsperson ist. Insgesamt leider ein ungenügendes Zeugnis für unsere Landesregierung.

 

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Mathias Braendli

Redaktor Region/Sport
Marketeer, Ex-Journalist und Football-Blogger. Sound: Adam Green, Ryder the Eagle, Bob Dylan, Helloween. TV: Better Call Saul, Game of Thrones, Sport. Buch: Fall & Rise von Mitchell Zuckoff.