«Ich habe keine Angst vor einer Ansteckung»

«Ich habe keine Angst vor einer Ansteckung»

Wie verändert das Coronavirus das Leben? GRHeute portraitiert in einer losen Folge Menschen, die von ihrem «neuen» Leben erzählen.

Donat Tester, Physiotherapeut.

«Ich bin Physiotherapeut mit einer eigenen Praxis und an eine Arztpraxis angeschlossen. Die Zahl der Patientinnen und Patienten ist drastisch zurück gegangen. Die Leute haben Angst, obwohl Physiotherapie ausdrücklich erlaubt ist. Im Moment betreute ich an normalen Tagen etwa fünf Patientinnen und Patienten, wenn es hoch kommt, sind es auch mal neun. In meiner Physiotherapie kann man auch trainieren, das ist im Moment auch nicht möglich.

Das Dumme an der Situation ist, dass wir ausser für Kinderbetreuung kein Recht auf Leistungen haben. Physiotherapien dürfen offen bleiben, es ist nicht das Problem des Staates, dass die Leute Angst haben und nicht mehr kommen. Da ist eine Lücke, die dringend geschlossen werden sollte.

Als ich mit meinen Ärzten in der Praxis über meine Situation gesprochen habe, ging alles ganz schnell. Sie sprachen davon, im Medizinischen Zentrum Karlihof eine Station für Coronatests aufzubauen und fragten mich, ob ich Corona-Tester werden wollte. Ich habe sofort zugesagt. Nach einer Schulung habe ich vor anderthalb Wochen die erste Person getestet.

Wir machen das zu zweit. Meine Physiotherapiepraxis liegt im Untergeschoss, ich geniesse es, an der frischen Luft zu sein. Ich kriege sogar Farbe im Gesicht, obwohl wir bei der Arbeit einen Ganzkörperschutz tragen.

Ich hatte keine Erfahrung darin, Menschen dazu zu bringen, dass man in ihrem Rachen eine Probe nimmt. Aber auch meine Lernkurve zeigt nach oben. Mittlerweile weiss ich, wie ich es machen muss, damit es besser geht. Denn wenn eine Zunge den Zugang blockiert, hat man keine Chance, dieser Muskel ist viel zu stark.

Ich erfahre nicht, ob die Getesteten positiv oder negativ getestet wurden. Es interessiert mich auch nicht. Ich habe auch keine Angst, dass sie mich anstecken. Ich trage diesen Anzug, es wird alles nach Vorschrift erledigt. Ich bin gut geschützt und bin auch keine Gefahr für meine Patientinnen und Patienten. Ich glaube, Leute, die in Büros arbeiten, sind viel gefährdeter.»

(Bild: zVg)

 

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Rachel Van der Elst

Redaktionsleiterin/Region
Rachel Van der Elst mag Buchstaben: analog, virtuell oder überall, wo Menschen sind. In einem früheren Leben arbeitete sie unter anderm bei der AP, beim Blick, bei 20Minuten, beim Tages-Anzeiger und bei der Südostschweiz. In ihrer Handtasche immer dabei: Jasskarten.