«Sport ist Mord» oder «Mens sana in corpore sano»?

«Sport ist Mord» oder «Mens sana in corpore sano»?
Juerg Kurath
23.11.2018

Die Frage nach dem Zusammenhang von Sport und Gesundheit ist, ob das vom ehemaligen englischen Premierminister Winston Churchill stammende Sprichwort „Sport ist Mord“ oder die vom römischen Dichter Juvenal formulierte lateinische Redewendung „Orandum est ut sit mens sana in corpore sano“, die bedeutet, „Beten sollte man darum, dass ein gesunder Geist in einem gesunden Körper sei“, zutreffend ist. Dabei kommt man je nach Standpunkt auf unterschiedliche Antworten, wobei die Wahrheit wie so oft irgendwo in der Mitte liegen dürfte.

Dass diese Streitfrage nicht einfach zu beantworten ist, verdeutlicht die Tatsache, dass die legere     

Einstellung dem Lebensgeniesser Winston Churchill hohen Blutdruck sowie einen Herzinfarkt und zwei Schlaganfälle einbrachte. Trotzdem wurde er 91 Jahre alt. Zudem wird das im Titel verkürzte Zitat von Juvenal oft missverstanden oder vorsätzlich falsch interpretiert, denn im Zusammenhang bedeutet der Satz nicht, dass nur in einem gesunden Körper ein gesunder Geist stecken könne.

Das Dafür und Dawider, das heisst Churchills Geheimnis fürs Alter „No sports, whisky and cigars“ und die Erkenntnis, dass „Sport und Bewegung Lebensqualität bedeuten und dazu beitragen, den Lebensgenuss zu steigern“, würde wohl den Rahmen dieses Exkurses sprengen und zu endlosen Diskussionen führen. Aus diesem Grund beschränkt er sich auf die Kernaussage eines führenden Wissenschaftsjournalisten, dass „das Hirn und nicht die Muskeln unsere Leistung limitiert“.

Bleiben Spass und Gesundheit auf der Strecke?
Auffallend ist, dass man heute auch im Sport, sei es im Breiten- oder im Spitzensport, durchwegs ernste, verkniffene Gesichter sieht, die kaum noch mit der Freude am Sport und an der Bewegung vereinbar sind. Die Sportlerinnen und Sportler sind immer, das heisst sowohl im Training als auch im Wettkampf, voll und ganz auf die eigene Leistung fokussiert. So wird weder beim Joggen oder Biken noch beim Fitness- oder Krafttraining gegrüsst oder gelacht, sondern höchstens noch laut gestöhnt. Und tiefe Falten auf der Stirn gehören dazu.

Studien haben ergeben, dass man die eigene Leistungsfähigkeit steigern und die Anstrengungen besser ertragen kann, wenn man seinen Geist positiv stimuliert und sich dann auch in der Praxis nicht stirnrunzelnd verkrampft. Die eigene Stimulation kann man beeinflussen, die externe nicht. Das sollten sich vor allem die Trainer und Coaches, die mit grimmigem Gesicht am Spielfeldrand stehen und wild gestikulierend hineinscheien, hinter die Ohren schreiben!

Nicht der Körper limitiert also unsere Leistung, sondern das Hirn, das die ausgesendeten Signale aufnimmt, die richtigen Schlüsse daraus zieht und unser Tun lenkt. Eine positive Grundeinstellung verändert unsere Körperwahrnehmung und führt unter anderem dazu, länger durchzuhalten. Man kann lernen, mit aufkommender Müdigkeit und Schmerzen umzugehen und die Leistung dennoch zu erbringen, wobei man die Warnsignale des Körpers aber wahrnehmen und sie nicht mit Doping oder Schmerzmitteln unterdrücken sollte!

Wie in anderen Lebensbereichen ist auch im Sport alles eine Frage des Masses. Zudem darf sich die sportliche Aktivität nicht nur auf den Körper beschränken, sondern muss bewusst und gezielt auch den Geist fordern. Ein leistungsorientierter Sportler sollte also wissen, in welchem geistigen Zustand er Sport treibt. Nur dann kann er auch den mentalen Bereich positiv beeinflussen.  

 

(Symbolbild: GRHeute)

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Juerg Kurath

Redaktor Sport
Langjähriger Berichterstatter des Bündner Sports, der BZ und der SO. Aktiver, Trainer und Funktionär in Leichtathletik, Triathlon, Biken, Volleyball, Fussball, Korbball, Handball, Casting und Bob.