Im Albulatal wird wieder gemostet

Im Albulatal wird wieder gemostet

GRHeute
25.09.2018

Nach Jahrzehnten wird im Albulatatal wieder in grossem Stil gemostet: Auf dem Hof Sur Castelas in Mon fliesst derzeit Parc Ela-Bergfruchtsaft aus einer Bandpresse. Mit der Mosterei soll auch ein Beitrag zur Erhaltung und Erneuerung der über 1500 Obstbäume im Parc Ela geleistet werden. Der Saft aus handgelesenen Gravensteinern und weiteren Frühsorten kann am Parc Ela-Genussfest «Wilder Herbst» am 7. Oktober in Alvaneu Dorf verkostet werden.

Es gibt noch Anlaufschwierigkeiten auf dem Hof Sur Castelas von Nicolas und Lena Untersteiner in Mon an diesem Morgen: Die Bandpresse, die Niklaus Stadelmann vom Bodensee hierhergefahren hat, will nicht anspringen, der Elektriker ist auf Platz. Doch dann geht alles wie am Schnürchen. Fleissige Hände sortieren faule Äpfel im Wasserbad aus, ein Förderband befördert die Früchte in eine Raffel, Bänder pressen das Mus fortwährend aus. 400 Kilogramm Äpfel liefern so pro Stunde rund 300 Liter Saft.

Thomas Egli aus Tiefencastel ist zufrieden. Rund 1,5 Tonnen Äpfel hat der Obstexperte in den letzten Tagen in Alvaschein, Alvaneu Dorf und Filisur von Hand gelesen, hauptsächlich Gravensteiner, vereinzelt auch andere Frühsorten wie Boskop, Berlepsch oder «Prinz Rudolf von Österreich». Gut 1000 Liter Apfelsaft füllt er an diesem Tag aus dem Pasteur in 5-Liter-Getränkebeutel.

Solche Mosterei-Szenen gab es im Albulatal lange nicht mehr zu sehen. Vor zwei Generationen war das Obst im Surses und Albulatal noch wichtig für die Ernährung. Sogenannte «Baumwärter» pflegten die Obstbäume. Die Leute kannten die Sorten und ihre Eigenschaften. Das Obst wurde je nach Sorte getrocknet, gemostet oder zu Apfelwein, Essig oder Schnaps weiterverarbeitet. Doch diese Zeiten sind vorbei. Wer heute im Parc Ela mosten will, hat entweder selbst noch eine kleine Presse oder führt seine Früchte ins Domleschg zur Verarbeitung. Im schlimmsten Fall werden die Äpfel gar nicht mehr genutzt.

1500 Bäume mit über 65 Sorten nachgewiesen

«Im Parc Ela gedeihen zwischen 900 bis 1200 Metern rund 1500 Hochstammobstbäume mit über 65 Sorten», stellt Egli fest. «Aber die Bestände sind überaltert und es ist wünschenswert, wieder junge Bäume zu setzen».

Das Projekt «Parc Ela-Bergfrucht» will dazu einen Anstoss geben. Im Projekt haben sich rund ein Dutzend innovative Personen unter dem Dach des Vereins Parc Ela zusammengefunden. Egli ist einer davon. Zusammen mit Landwirten aus der Region, mit einem Genusstrainer, einer Köchin, einer Produktedesignerin und einem Getränketechnologen setzt er sich mit Begeisterung dafür ein, die Bergfrucht-Kultur zu erhalten. Aus den Früchten aus dem Parc Ela sollen hochwertige Produkte gewonnen werden, die Einkommen in die Parkregion bringen und Anreize schaffen, die Obstbäume zu erhalten.

Besonderer Geschmack dank Bergklima

Dabei setzt die Projektgruppe auf die besonderen Eigenschaften von Bergfrüchten. «Äpfel in diesen Höhenlagen reifen anders, und das schmeckt man», erklärt Egli. Bergäpfel lagern dank kühlen Temperaturen Zucker gleichmässiger ein. Dass der Bergfruchtsaft den Geschmack trifft, konnte ein erster Test letztes Jahr nachweisen. Rund 600 3dl-Flaschen konnten problemlos abgesetzt werden. Jetzt soll der Test erweitert werden. Rund 4000 l Apfelsaft werden diesen Herbst aus der Presse in Mon fliessen, ein Teil davon wird zusätzlich mit Sanddorn- und Schlehensaft gemischt.

Premiere feiern wird der Bergfruchtsaft am 7. Oktober am Parc Ela-Genussfest «Wilder Herbst» in Alvaneu Dorf. Dort wird der Saft zu über einem Dutzend verschiedenen Spezialitätengerichten aus dem Park gereicht. Und Thomas Egli wird an einem der rund 20 Genussposten aufzeigen, welche Apfelvielfalt der Parc Ela aufweist.

(Quelle/Bild: Parc Ela)

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