Wie man Fussball weniger langweilig machen kann

Wie man Fussball weniger langweilig machen kann

Die WM ist vorbei. Endlich. Als Nicht-Fussball-Fan ist diese WM-Zeit immer eine Tortur. Eine Lösung, wie man Fussball fairer, attraktiver und weniger langweilig machen kann.

 

Alle vier Jahre (bzw. zwei wegen der EM) wird einen Monat lang nur über Fussball gesprochen. Über Neymars Schwalben, über den Doppeladler, über das Handspiel, und über andere langweilige Nebenschauplätze. Endlich ist die WM vorbei. Endlich verschwindet dieser „Sport“ wieder ein wenig aus dem Rampenlicht. „Sport“ in Anführungszeichen, weil Fussball nur grenzwertig die Definition von Sport erfüllt. Vielmehr sollte man Fussball als «qualitativ schwache theatralische Aufführung in einem Sportstadion» bezeichnen.

 

Denn was im Fussball immer wieder im Mittelpunkt steht, hat wenig bis gar nichts mit Leistungssport zu tun. Da lösen sich unfaires Verhalten (Zeit verzögern, simulieren, anspucken, und dergleichen), mit langweiligen Rumstehen (Spieler wechseln, Freistösse minutenlang blockieren) ab. Fussball schafft schlechte Vorbilder und zeigt, wie man ohne Fairplay zum Erfolg kommen kann. Das hat nichts mit Sport zu tun.

 

Zugegeben: Am Ende gewinnen ab und zu (wie es sich für Sport gehört) die Besten und die Glücklichsten. Das ist auch ok so. Dass man Erfolg im Fussball aber auch mit anderen Mitteln erreichen kann, ist aber mittlerweile unumstritten.

 

Doch was kann man dagegen tun, wenn selbst die höchste Instanz (FIFA) sich vehement gegen die Entwicklung wehrt und erst dieses Jahr zum ersten Mal (und mit Zähneknirschen) die Video-Review zuliess? 155 Jahre alt sind die Fussball-Regeln. Und selten bis nie wurden sie angepasst. (Man stelle sich das mal im Eishockey vor: Da wäre der Vorwärtspass immer noch verboten…). Wie kann ein Sport sich „verbessern“, wenn alle alten Involvierten, vom Fan über die Spieler und Trainer bis hin zu Verbandspräsidenten, sich konsequent hinter diesen obskuren Status Quo stellen? „Das gehört einfach dazu“, ist die Antwort, wenn man das Zeitschinden, das Auf-dem Boden-liegen-und-sterbender-Schwan-spielen kritisiert. „Das ist halt Taktik“, ist die Antwort, die jegliche Diskussion im Keim erstickt. Sascha Rufener sagte es im Finale immer wieder: „Für die Franzosen gilt: Hauptsache die Zeit läuft runter“. Drama? Ja. Sport? Nope.

 

Und dann noch die unsägliche „Nachspielzeit“. Was ist das bloss für ein Schwachsinn. Erstens ersetzt die Nachspielzeit nie und nimmer die effektiv verlorene Zeit. Und zweitens bietet die Nachspielzeit den idealen Nährboden für Manipulation, Bestechungsskandale und sonstige obskure Nebengeschichten. Jeder kennt die Geschichten von Schiris, die 15 Minuten nachspielen liessen, bis endlich ein Tor fiel. Suspekt? Klar. Gehört dazu? Leider ja.

 

Es gibt eine Lösung. Und bevor Fussball-Puristen ihren Computer aus Wut auf diesen Kommentar zertrümmern:  Es ist ganz einfach und ändert das Grundsystem des Fussballs nicht.

 

Studien (zum Beispiel hier oder hier) haben immer wieder gezeigt, dass ein Spiel zwar 90 Minuten dauert, das Spiel aber effektiv nie 90 Minuten dauert. Logisch? Nein. Fussball ist einer der einzigen Sportarten, die während laufender Spielzeit (also zu dieser Zeit, wo Sport betrieben werden sollte), Akteure rumstehen und Zeit verplempern lassen. Taktik nennt sich das. Das ist kein Geheimnis. Jeder der Google nutzen kann, findet diese Zahlen, die immer wieder belegen, dass fast 40% der effektiven Spielzeit Stillstand herrscht.

Könnte man diese Zeitmessung anpassen, so könnte sich der Fussball wieder positiv entwickeln. Laut Messungen der Premier League und der Bundesliga ist der Ball effektiv nur knapp 56 Minuten im Spiel. Das heisst, dass fast 35 Minuten lang (von der effektiven Spielzeit) nichts läuft. Die Spieler stehen rum, liegen auf dem Boden, oder schinden sonst irgendwie Zeit. Wahnsinn? Ja. Ist aber so. Ein Spiel dauert 56 Minuten. Nicht 90 Minuten.

 

Die Lösung: Eine neue Fussball-Zeitmessung

 

Ab sofort wird im Fussball die Zeit gestoppt, wenn der Ball nicht mehr im Spiel ist. So wie im Eishockey oder etlichen anderen Sportarten. Ein Spiel dauert neu 2×30 Minuten. 60 Minuten total. Keine Nachspielzeit.

 

Was bedeutet das? Ein gefoulter Spieler einer Mannschaft, die kurz vor Ende führt,  kann sich noch so lange auf dem Boden wälzen und Zeit schinden. Es hat keinen Einfluss mehr. Spieler wechseln, um die Uhr runter laufen zu lassen? Gibt’s nicht mehr.

 

Das Spiel würde effektiv immer noch gleich lang dauern. Aber das ganze Theater würde verschwinden: Wenn Neymar keine Zeit mehr schinden kann, bleibt er auch nicht mehr minutenlang liegen. Wenn die Zeit nur läuft, wenn der Ball im Spiel ist, kann sich ein Torhüter noch so viel Zeit nehmen für einen Abstoss – es hat keinen Einfluss mehr auf das Spiel.

 

Innert weniger Jahre würden Schwalbenkönige von der Bildfläche verschwinden, Simulanten belächelt werden. Profi-Fussballer würden wieder echte Vorbilder für Kinder und Jugendliche werden. Fussball würde wieder für Fairplay und echte sportliche Leistung stehen.           

 

50% der Leser geben mir wahrscheinlich recht. 30% haben bereits nach dem ersten Abschnitt aufgehört zu lesen. Und die restlichen 20%, die Fussball-Fanatiker, sitzen gerade wütend vor dem Computer/Handy und werden mir ihr Hass-Mail als Antwort schicken. Das ist verständlich, weil:

 

1.     Ich bringe ein gutes Argument, das sie nicht abstreiten können.

2.     Ich kritisiere ihren heiligen Fussball, der eben doch nicht so heilig ist.

3.     Sie wissen, dass die Lösung einfach umsetzbar ist.

 

Ich bin gespannt, ob die alte Elite der FIFA, UEFA und deren nationalen Verbände irgendwann bereit sind, ihren Sport in die korrektere Bahnen zu lenken oder ob es bei der schlechten Theateraufführung bleibt. Schafft es der Fussball, sich sportlich zu entwickeln, und Regeln zeitgemäss anzupassen (Video-Review, Zeitmessung, Foulspiel, etc.), gewinnen sie neue Fans (oder zumindest einen). Bleibt alles beim Alten, werde ich auch in zwei Jahren dieses Theater verfolgen.

 

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(Bild: Pixabay, Stats: Soccermetrics, 5-a-side)

 

 

author

Richi Brändli

Redaktor Eishockey
Ehemaliger Kolumnist bei GRHockey, Plausch-Spieler und Fan von regionalem bis internationalem Eishockey.