Poesie am Freitag: «Balanceakt»

Poesie am Freitag: «Balanceakt»

Kurz vor dem Wochenende gibt es ab sofort auf GRHeute ein paar Gedichte, Geschichten und Sonstiges von unserem Musikredaktor Chris Bluemoon. Stöbern, lesen, kopieren oder einfach auch nur geniessen. Heute das Stück: Balanceakt.

Bis vor kurzem no as Liacht am Horizont gseh, etz isch’s wieder Nacht.

D Sunna schiint da nia meh und nüt meh wo mi glücklich.
Es isch hart ufzstah ohni hoffnig z ha.
Jeda Tag a Kampf und alles fangt vo vorna ah.
I bin unglücklich im Job. Unglücklich mir Bezahlig.
Jedes Weekend Abschuss bis zur Verstrahlig.
Absaga machend mi wahnsinnig und wieder depressiv.
Si sägend immerhin hesch en Job, isch doch glich.
Und i säga nai, alles lohni nid uf miar sitza.
Iar könnd mit miar reda, müannd mi nid afigga.
Bin nid gebora zum jeda Rappa drei Mal umdräha.
Nid gebora zum mi tot fühla oder duradräha.
Wia kama sich ir Mittelklass so verrota fühla?
Wia kama sich todschaffa und gliichziitig gspühra?
Di zwei Prozent Superricha nehmend üs no dr Rescht.
Es fühlt sich grad so ah, als wär a Amoklauf z Bescht.

Immer dä Balanceakt zwüscha Triebsand und Abgrund.
Immer depressiv im Summer ohni ersichtlicha Grund.
Immer Selbschtzwiifel, wo mr mis Limit ufzeigen.
Immer Rückschlag, wo mr neui Chanca verweigerend.

Und denn sägends, ach bir Musig laufts ja guat.
I gib Herz und Bluat, werd ignoriert bis es weh tuad.
Dassi bald kai Bock meh han Liader ufzneh.
Wil wetsch in dem Biz Fründa gseh, muasch Geld ind Hand neh.
Immer di glicha Hypes, dah kasch no so so viel üaba.
Di beschta Rapper im Untergrund am umawüata.
I verstahn’s nid wia si sich gegasiitig in Arsch krüchend.
Vor luuter Fame und Trends, sich dr Kunscht verschlüssend.

Han mis letschta Hemd geh für’s Fördera vo junga Talent.
Etz sitzi uf dr Ersatzbank und luaga an d Wänd.
Nid meh und nid weniger: Mini Musig isch mis Läba.
Han viilna gholfa ufstiiga, dah hani nüt drgega.
Klar hend alli Dunkelblau kauft, drum bin etz ja riich.
In Wahrheit sind d Koschta in 10 Jahr nid deckt, isch ja glich.
Das verdammta Kartelldenka laht mi bald usraschta.
Wemmer ehrlich sind, sind 90% vo eu Spassta.

 

author

Chris Bluemoon

Redaktor Kultur
Hauptberuflich Radio-Journalist mit viel Leidenschaft für die Musik, die Poesie und das ganz grosse Chaos.