MUSIK JENSEITS DER BERGE: «FRATELLI-B – PER DU»

MUSIK JENSEITS DER BERGE: «FRATELLI-B – PER DU»

In der Rubrik «Musik jenseits der Berge» besprechen wir in unregelmässigen Abständen Bands, die keinen oder nur einen minimalen Bezug zu Graubünden haben. In der zwölften Ausgabe haben wir uns mit dem neuen Werk «Per Du» der Zuger Raplegenden Fratelli-B auseinander gesetzt.

Das Album erscheint kommenden Freitag. Ohne gross Zeit zu verlieren, hören wir gleich mal rein, wie die neuen Töne aus Zug klingen.

Ersch dr Afang

Es fängt an. Alle sind gespannt wie Flitzebögen. Der Start ist schon mal sehr modern und klappert die Geschichte der Telli-Brothers ab. Es wird sich bei der treuen Fangemeinde bedankt und darauf aufmerksam gemacht, dass die Geschichte noch lange nicht zu Ende geschrieben ist. Gott sei Dank.

Nie meh wella

Während bei dem ersten Track die Erfolge und die Fanschar abgefeiert werden, kommen hier die Schattenseiten des Ruhms zum Vorschein. Grösser ist nicht immer besser. Doch eine interessante Wahl hier bei den ersten beiden Liedern, so nah Licht und Schatten aneinander zu reihen. Ehrlich und nicht aufgesetzt. Keep it real. Keep it Rap.

 

Per Du

Der Titeltrack des neuen Albums ist eine Ode an die Freiheit, neben dem tristen Arbeitsalltag. Die Nummer ist sehr groovig und lebensbejahend. Ich freue mich schon, den Track als Feriensoundtrack auf die nächste Reise mitzunehmen. Auf zu neuen Ufern, das Fremde erkennen und aus dem Vollen schöpfen. Gelungen.

Provenienz

Es wird erstmals nachdenklich und melancholisch. Oh ja, das grosse Storytelling der Tellis ist zurück. Es ist eine grandiose Zeitreise eines Bildes durch Raum und Zeit. Ziemlich cool erzählt und spannend aufgezogen. Ich bin geflasht, denn unterschwellig hört man eine feine Kritik am Kapitalismus zwischen den Zeilen.

NCWT

Back to business. Never change a winning Team. Den hätte ich mir jetzt auch noch gut auf der Möchtegangscheibe vorstellen können. «Kunnds hert uf hert – Bisch du ohni dis Team nüt wert.» Eine Hymne zweier Brüder an sich und ihr Team.

Min Rider

Jetzt muss ich aber schon ein bisschen lachen. Die Jungs, die für Veranstalter eine der angenehmsten Künstler sind, machen einen Song über ihre Technikrider. Jede Linie pure Ironie, und ich fühle mich auch beim Beat köstlich unterhalten.

Badi-Skit

Eine kleine feine Melodie als Zwischenspiel lockert das Ganze ein wenig auf.

All you can eat

Unter dem Motto «Fetti Rapper sind fett» liefern Fratelli-B den Hit des Jahres. Es stimmt ja eigentlich auch, dass gewichtige Rapper gewichtigere Geschichten zu erzählen haben. So ist es richtig. Weg von den ewigen Diäten, hin zum Leben. Ich hatte einen Dauerlachflash von diesem Lied. Sehr gelungen.

Underwegs

Der gute Beni ist immer noch underwegs. Das ist ein bisschen eine Fortsetzung des Tracks «Roadtrip» vom Welt us-Album. Ziemlich poppig und ideal für den Sommer und das Reisefieber. Am Schluss kommt noch ein sehnsüchtiger Part von Chandro, der noch eine weitere Variation in den Song bringt.
Ist jetzt dann bald mal Zeit, dass es Sommer wird. Allez hopp!

Klassetreffe feat. Aurel

Fratelli-B nehmen sich dem Thema Klassentreffen an und zeigen, wie unterschiedlich die Lebensläufe verlaufen können. Ziemlich cool und frisch ist hier eine motivierende Hymne geschaffen worden, die zeigt, dass es eigentlich gar nicht so schräg ist, sich selbst zu bleiben. Geld wandert, Schönheit vergeht, Liebe und Musik bleibt.

Trainerhose feat. Effe, Semantik und Sulaya

Eine witzige Nummer, die mir aber auf dem ganzen Album am schlechtesten gefällt. Wahrscheinlich ist es der Beat, der mir etwas zu schräg ist. Vielleicht ist es aber auch das Ertapptwerden, denn ich schreibe diese Plattenkritik natürlich auch in meinen geliebten Trainerhosen und wäre nie darauf gekommen selbst eine Ode an sie zu schreiben. Einen Nerv haben sie mit diesem Thema schon getroffen.

 

Platzpatrone

Hui, der ist technisch ziemlich auf Maschinengewehrniveau. Thematisch werden Menschen abserviert, die nur reden ohne wirklich was zu bewegen. Platzpatronenverteiler eben. Sehr Beat ist ziemlich aufs Wesentliche konzentriert und doch passt es in diesem Fall wie die Faust aufs Auge.

Fuck yeah feat. Möchtegang

Fuck yeah, sie sind wieder zurück. Der Champione-Sound mit den Möchti-Jungs hat mir etwas gefehlt auf diesem Album. Episch, pumpend und live ein Instant-Evergreen. Fuck yeah!

Letschte Tanz

Jetzt wird es emotional und das fährt ziemlich ein. Die Tellis nehmen Abschied von ihrer Grossmutter und man ist selbst betroffen. Das ist grosse Kunst, denn jeder Hörer hat eine solche Situation schon mal selbst erlebt. Chandro und Beni verlieren im Abschied nicht die Hoffnung und spenden mit dem Lied Trost in grauen Tagen. Danke dafür.

Margrit – Skit

Äh, what? Die Freundin von heute?

Was zämeghört

Oh, endlich wieder mal ein Lovesong. Respektive endlich ein Song an die Coverkünstlerin des neuen Albums. Hier sieht man, wie Liebe immer einen Weg findet. Was zusammengehört, findet zusammen. Eine schöne Nummer an die Freundinnen der beiden Herren.

Irgendwenn feat. Mü man

Das Verschieben von Terminen gehört zu der heutigen Gesellschaft wie die Digitalisierung. Freundschaften gehen zu Bruch durch das ständige Verschieben, und der Song mahnt davor, das irgendwann nicht ständig zu verschieben, sondern endlich mal heute die Zügel in die Hand zu nehmen und Freundschaften und das Umfeld wieder neu schätzen zu lernen. Ziemlich poppig mit einem grossen Talent als Gast drauf. Schöne Botschaft und Mü man passt recht gut zu den Jungs.

Handy

Die abschliessende Nummer wird wieder ein wenig komödiantisch, was nicht nur am Luzerner Baumliebhaber Lcone liegt. Handykontrolle des Partners wird in Zeiten von Tinder, ständigem Handysuchten immer härter für die Männer. Ein witziger Abschluss mit einem ebenfalls ziemlich lustigen Gast.

Schlussfazit:

«Per Du» ist mit Abstand das beste Album, das die Gebrüder Bisig bisher produziert haben. Es hat die nachdenklichen Geschichten, wie auf dem Album «Welt us», den Humor von «Mier machends», den roten Faden wie bei der LP «Ich und min Brüeder» und viele technische Hochglanzleistungen, wie auf den Alben der Möchtegang. Fratelli-B hat bei diesem Album alles in die Waagschale geworfen und ein grosses Hit-Potpourri zusammen gestellt. Das Album lebt durch eine angenehme Abwechslung. Phasenweise ist es traurig, sowie hoffnungsvoll, dann ist es wieder ziemlich lustig, laut und bouncig. Ich würde sogar wetten, wobei letztes Mal habe ich gegen Chandro verloren, dieses Mal wird es eine glatte Nummer 1. Verdient hätten sie es, denn das Werk trumpft durch viele bärenstarke Nummern. Fratelli-B sind fett!

Mehr Infos unter www.fratelli-b.ch 

author

Chris Bluemoon

Redaktor Kultur
Hauptberuflich Radio-Journalist mit viel Leidenschaft für die Musik, die Poesie und das ganz grosse Chaos.