Agieren ist besser als Reagieren

Agieren ist besser als Reagieren

Juerg Kurath
09.02.2018

Was haben der EHC Chur, Chur 97, Chur Unihockey und Rätia Volley gemeinsam? Bei allen vier Vereinen hat man in der laufenden Meisterschaft nicht nur den Trainer gewechselt, sondern auch Anspruch und Wirklichkeit klaffen bei den Eishockeyanern, Fussballern, Unihockeyanern und den Volleyballerinnen weit auseinander. Woran fehlt es? Ist das enttäuschende Abschneiden nur Pech oder steckt vielleicht doch mehr dahinter?

Der EHC Chur strebte nach seinem Aufstieg in die MySports League zumindest einen Playoffplatz an, den er bekanntlich aber deutlich verfehlt hat. Auch im Schweizer Cup ist man kürzlich gegen einen starken 2. Ligisten ausgeschieden. Die Mannschaft hat zwischendurch zwar immer wieder angedeutet, über welches Potenzial sie verfügt. Spielerisch überzeugen konnte sie allerdings nur selten, denn ein klares System und die Handschrift von Trainer Marcel Habisreutinger waren kaum einmal zu erkennen. Mit dessen später Entlassung sind wohl noch längst nicht alle Probleme vom Tisch, aber es wäre zumindest die Chance für einen Neuanfang.

Chur 97 setzte vor einem Jahr mit der Verpflichtung des Holländers Jouke Faber als Trainer des in der interregionalen 2. Liga spielenden Fanionteams auf das falsche Pferd. Die Spielkultur und das Selbstvertrauen der Spieler nahmen zwar zu, der sportliche Erfolg blieb aber weitgehend aus. Der Stadtclub taumelte im Abstiegsbereich herum, bis die Verantwortlichen die Reissleine zogen und der ewigen Schönrederei endlich ein Ende setzten. Mit viel Glück konnten die Churer gegen Ende der Vorrunde die Abstiegsplätze verlassen, wobei ein vor Saisonbeginn angestrebter Spitzenplatz aber wohl Utopie bleibt.

Chur Unihockey wollte sich in dieser Saison nicht nur mit einem Playoffplatz begnügen, sondern ganz vorne ein ernstes Wörtchen mitreden. Es lief nach misslungenem Auftakt aber nicht so, wie erwartet, sodass der neu verpflichtete Cheftrainer Daniel Hahne aufgrund der aktuellen Situation im Spätherbst entlassen, vorübergehend durch Lukas Thierstein und später durch den Finnen Jani Westerlund ersetzt wurde. Dieser meinte vor rund einem Monat, dass auch der Meistertitel noch drin liege. Vorerst kämpfen die Churer in der NLA aber noch um die Qualifikation für die Playoffs, wobei dies kein Selbstläufer sein wird.

Rätia Volley gingnach je einem vierten und dritten Platz in den beiden Vorjahren trotz Verjüngung mit viel Selbstvertrauen in die nationale 1. Liga-Meisterschaft der Frauen. Der Saisonstart verlief aber auch hier mehr als harzig, sodass sich das Team von Trainerin und Coach Evelyn Hösli bald einmal in einer Abwärtsspirale befand, ans Tabellenende abrutschte und dem Abstieg schliesslich nicht mehr entrinnen konnte. Die Rätierinnen deuteten ihr Potenzial zwar immer wieder an, liessen aber unter dem stetig steigenden Druck jegliche Konstanz vermissen, sodass ein Trainerwechsel auch nichts mehr brachte.

Auffallend ist, dass in allen vier Clubs vor Saisonbeginn hohe sportliche Ziele gesetzt worden und gewisse Probleme schon frühzeitig erkennbar gewesen sind. Man hat aber nicht rechtzeitig agiert, sondern erst spät, zu spät darauf reagiert. Sind die Probleme mit den Trainerwechseln also doch noch nicht gelöst und wäre vielleicht eine Portion Bescheidenheit erfolgsversprechender?

 

(Bild: GRHeute)

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Juerg Kurath

Redaktor Sport
Langjähriger Berichterstatter des Bündner Sports, der BZ und der SO. Aktiver, Trainer und Funktionär in Leichtathletik, Triathlon, Biken, Volleyball, Fussball, Korbball, Handball, Casting und Bob.