Bündner Perlen: «Moe – Handschrift» (2012)

Bündner Perlen: «Moe – Handschrift» (2012)

Hin und wieder gibt es Platten aus Graubünden, die nie eine grosse Medienaufmerksamkeit erhalten haben oder vielleicht schon in Vergessenheit geraten sind. Dieses neue Gefäss, exklusiv auf GRHeute, wühlt durch alte LP-Kisten, entstaubt CD-Sammlungen und widmet grossen Werken eine kurze, aber ausführliche Plattenkritik mit einem gehörigen Schuss Nostalgie. Einerseits zur Erinnerung, anderseits zur Aufstockung jeder Tonträgersammlung, aber vor allem um aufzuzeigen, welch vielfältige Bündner Musikszene wir doch haben.

Diese Perlen dürfen in keiner kompletten Bündner Musiksammlung fehlen. Willkommen zu den Bündner Perlen.

Ich lernte Moreno Eberle aka Moe eher zufällig am Veröffentlichungstag seines ersten Albums im Media Markt Chur kennen. Es war eine rechte Horde an Menschen dort, um sein Debüt zu kaufen. Er war mir sehr sympathisch, da er ziemlich leidenschaftlich ans Werk ging. Er hatte in diesem Moment einen kleinen Hype und trat mit seiner Liveband sogar an einigen Festivals auf. Ich war zu diesem Zeitpunkt in den Startlöchern mit Bock uf Rap 2. Für mich war sofort klar, dass ich dieses Talent auf dem Tonträger verewigen wollte. Damals dachte ich, es wäre wieder mal eine einzigartige Entdeckung wie 77 Bombay Street, Ali oder Plasma gewesen. Doch seine Karriere versandete irgendwie. Es gab im Sommer ein paar Festivals auf denen Moe auftrat, danach habe ich nie mehr was von dem Igiser gehört. Letztens fiel mir die CD von ihm nochmals in die Hände, worauf ich ihm wenigstens eine Bündner Perle widmen möchte.

Also hören wir rein in das Werk „Handschrift“

Handschrift

Das erste Track des Albums rockt ganz heftig los. Das ist auch gleich ein markanter Unterschied zu den anderen Rapveröffentlichungen in Graubünden. Hier ist schon der erste Song ziemlich musikalisch, was ich sehr begrüsse. Moe betont, dass seine Geschichten aus dem Leben gegriffen sind und nicht einfach so erfunden. Ein gelungener Einstieg in das Werk.

In minem Herz
Ein wenig balladesk und zum Teil lyrisch fast schon im Schlagerbereich zu Hause. Eine schöne Ode an die Jugendliebe, die einem irgendwie zurück versetzt in die Zeit der ersten Schwärmerei. Sehr musikalisch und ein wenig repetitiv, so dass die Hook nach dem zweiten Hören sicher mitgesungen werden kann.

Ziel feat. Nyna
Auf dem Song begrüsst er seinen ersten Gast und die ist nicht irgendwer, sondern DIE Soulstimme Graubündens: Nyna, damals noch Cantieni. Moe rappt zielgerichtet und inbrünstig drauf los. Im Refrain zeigt Nyna, welche Sphären und Tiefen ein Profi einem Song geben kann. Hier stimmt einiges. Auch der Beat ist recht modern elektronisch und immer noch aktuell. Eine Hymne, die Mut macht.

Gebora zum Kämpfa feat. Martina
Der nächste Gast ist die heutige Z-Promi-Frontfrau Martina. Um diesen Song gab es einen regelrechten Hype und das zurecht. Denn nicht nur das Video ist heute noch ziemlich eindrücklich, der ganze Song verspricht heute noch Gänsehautmomente. Sehr gelungen.

Kind si feat. Martina & SBS
Der fünfte Song der CD ist ein oft erzähltes Thema, dass von Moe jedoch ziemlich dynamisch und kreativ neu erzählt wird. Wenn Sir Beni Styles, dann auf der zweiten Strophe seine Styles auspackt, wirds recht amüsant und das Ding kann gar nicht mehr schief gehen. Der hat live sicher ziemlich gut funktioniert.

I mag das feat. Fratelli-B und Lou Zarra
Jetzt kommen wir zum besten Song der CD und das sage ich nicht nur, weil er auch Bock uf Rap Vol. 2 drauf war, auch sonst hat der Song bei mir einiges verändert. Shame on me, aber damals kannte ich Fratelli-B noch gar nicht. Inzwischen zählen sie zu meinen Lieblingsacts, wofür ich Moe für immer sehr verbunden sein werde. Produzenten – Godfather Lou Geniuz macht den Track perfekt und sehr hitverdächtig mit seiner Riesenhook. Mages wia Magebrot 🙂

Moment feat. Sandro Dietrich
Der Abschluss bildet ein Song mit dem Emser Sandro Dietrich, der sehr pianolastig und popig ausgefallen ist. Da Sandro inzwischen ziemlich viel produziert, wird fast ein wenig vergessen, wie gut der Junge eigentlich singen könnte. Hier ein sehr gutes Beispiel, wie Rap und Gesang perfekt zusammen harmonieren.

Schlussfazit:
Nur schon die Mitwirkenden lesen sich wie der Walk of Fame der Schweizer Rap-Musik:
Beats von SAD, Flyn, Oliver Hitz und Sandro Dietrich.
Die Gäste Telli-B, Lou Zarra, SBS, Nyna und Sandro Dietrich.
Produziert von Lou Geniuz.
Logisch kann bei so einer Konstellation nicht viel in die Hose gehen, doch Moe hat hier sieben Lieder rausgehauen, die von a-z „verheben“. Solide Auswahl an Beats, wie auch ideale Gäste, die ergänzen anstatt ihm das Rampenlicht zu rauben. Das ganze Album oder besser gesagt die EP wurde sehr rund und catchy produziert von Lou Geniuz. Es sind zwar wenige Songs, dafür ist nicht ein Track Füllmaterial. Etwas mehr als 24 Minuten, die kurzweilig gut unterhalten und auch immer wieder mal wert sind, den Tonträger aus dem Archiv zu fischen. Einziger Minuspunkt der ganzen Geschichte ist, dass seit dieser Veröffentlichung nichts mehr kam, was sehr schade ist.

author

Chris Bluemoon

Redaktor Kultur
Hauptberuflich Radio-Journalist mit viel Leidenschaft für die Musik, die Poesie und das ganz grosse Chaos.