Martin Candinas: «Ein doppeltes JA zur Altersvorsorge 2020»

Martin Candinas: «Ein doppeltes JA zur Altersvorsorge 2020»

Candinas 125pxAm 24. September kommt die sozialpolitisch wichtigste Vorlage der letzten Jahre zur Abstimmung: die Rentenreform Altersvorsorge 2020. Seit der Einführung der AHV vor 70 Jahren wurde dieses Sozialwerk während den ersten 50 Jahren 10 Mal revidiert. Regelmässig wurde sie an die neuen Gegebenheiten angepasst. Seit 20 Jahren gelang aber wegen unheiligen Allianzen und vom Volk abgelehnten Vorlagen keine einzige Revision mehr! Dies ist Beweis genug, wie verfahren die Situation ist und wie wichtig es nun ist, dass wir jetzt einen Kompromiss eingehen und damit einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung tun. Ohne eine Reform werden die Finanzen unseres Rentensystems in eine grobe Schieflage geraten und aktuelle wie zukünftige Renten gefährdet – das müssen wir abwenden.

Die demografische Entwicklung bringt den AHV-Fonds unter Druck und der zu hohe Umwandlungssatz in der 2. Säule belastet die arbeitende Generation jährlich mit Milliardenbeiträgen. Die Rentenreform saniert deshalb die erste und zweite Säule gleichzeitig. Ohne diese Massnahmen werden im Jahr 2030 alleine bei der AHV 9 Milliarden Franken in der Kasse fehlen. Der Ausgleichsfonds wäre dadurch nicht mehr in der Lage die laufenden Renten auszuzahlen. Angesichts dieser Prognose besteht dringender Handlungsbedarf. Dies ist nicht nur im Interesse der zukünftigen Rentner, sondern auch der heutigen Rentner. Andernfalls werden auch diese Renten unter Druck kommen. Aus diesem Grund hat die Mehrheit des Parlaments – nach mehrjähriger harter parlamentarischer Arbeit – eine faire Kompromisslösung beschlossen. Ganz links und ganz rechts ist man einmal mehr – aus unterschiedlichen Gründen – gegen diese Vorlage. Das beweist, dass die Vorlage ausgewogen ist.

Was beinhaltet die Vorlage? Das Rentenalter von Männern und Frauen wird auf 65 Jahren angeglichen. Ebenfalls wird der Umwandlungssatz der beruflichen Vorsorge von heute 6.8 % auf 6 % gesenkt. Diese Senkung betrifft nur zukünftige Renten! Alleine diese zwei Anpassungen sollten Beweis genug sein, dass es sich hier um eine echte und spürbare Reform handelt. Die einschneidenden Massnahmen werden mit einer sanften Rentenerhöhung für Neurentner von 70 Franken ausgeglichen.

Um auch tiefere Einkommen besser abzusichern wird der Koordinationsabzug gesenkt. Dadurch erhalten Personen, die Teilzeit arbeiten – Frauen überdurchschnittlich – Zugang zu einer beruflichen Vorsorge. Heute haben 500’000 Frauen keine Pensionskasse. Dank der Senkung des Umwandlungssatzes stärken wir zudem die Generationensolidarität in der zweiten Säule. Die heutige berufstätige Generation finanziert die Rentnerinnen und Rentner jährlich mit 1,3 Milliarden Franken. Dank der Rentenreform wird diese ungerechte Umverteilung für zukünftige Generationen um 63% reduziert. Die von SVP und FDP vorgeschlagenen Alternativen sind völlig unrealistisch und respektieren die zahlreichen Volksentscheide der letzten 20 Jahre Reformstau überhaupt nicht. Eine Senkung des Umwandlungssatzes ohne wirkliche Gegenmassnahmen hätte die Vorlage garantiert zum Absturz gebracht. Für ein gerechtes, sicheres und solidarisches Rentensystem für die bestehenden und neuen Renten ist diese Reform der Sozialwerke entscheidend!

Eine gerechte Rentenreform lebt davon, dass Jung und Alt, Frauen und Männer, Arm und Reich ihren Teil leisten. Dies ist bei der Rentenreform dank der führenden Rolle der CVP, trotz anhaltender Opposition von Links und Rechts, sehr gut gelungen. Ich bin überzeugt, dass die Forderungen der Linken nach Rentenerhöhungen in Milliardenhöhe (wie bei der letztes Jahr massiv abgelehnten AHVplus-Initiative) sind ebenso untauglich, wie die Forderungen von SVP und FDP nach einer absoluten Abbauvorlage, ohne Sicht auf eine sichere Altersvorsorge jedes einzelnen Menschen. Für die CVP war es wichtig, stabile Finanzen und attraktive Rahmenbedingungen für unsere KMUs mit sozialer Gerechtigkeit in Einklang zu bringen. Gestärkte Pole führen dagegen zu unheiligen Allianzen und extremen Vorlagen, die vor dem Volk keine Chance haben und so den Reformstau verlängern. Die Altersvorsorge 2020 gehört nicht in diese Kategorie. Wenn dazu noch in der Abstimmungskampagne die JUSO in den Armen der FDP liegt, dies mit völlig gegensätzlichen Interessen, dann gibt es wohl keinen besseren Beweis, wie ausgewogen die vorliegende Rentenreform ist.

Die Altersvorsorge 2020 ist eine der wichtigsten Reformen unseres Landes seit Jahrzehnten. Nach einem 20-jährigen Stillstand haben wir nun endlich eine umfassende und gut austarierte Lösung über die ganze Altersvorsorge. Diese wird unsere Sozialwerke gerechter, solidarischer und stabiler machen. Die soziale Sicherheit ist eine immense Errungenschaft in unserem Land, mit der wir nicht spielen dürfen. Aus diesen Gründen empfehle ich Ihnen – aus fester Überzeugung – am 24. September 2017 ein doppeltes JA zur Altersvorsorge 2020.

 

Kommentare

Die AHV-Reform ist reine Zwängerei der Mitte-Links Parteien

Die AHV-Reform ist kein Kompromiss und hat wenig mit einer nachhaltigen Sicherung der Altersvorsorge zu tun. Denn mit der ungerechten AHV-Reform steigt der Druck auf unsere Altersvorsorge, trotz zusätzlichen Finanzspritzen über spürbar höhere Mehrwertsteuern und Lohnbeiträge. Und anstatt die Renten auf heutigem Niveau nachhaltig zu sichern und die Finanzierung zu stabilisieren, wird das eingesparte Geld mit der Giesskanne gleich wieder ausgegeben. Die AHV-Reform zielt damit völlig am Ziel vorbei.

Eins vorne weg: nicht alles an der AHV-Reform ist schlecht. Ein gleiches Rentenalter und die Senkung des Umwandlungssatzes sind gute Ansätze und zwingend nötig. Doch statt die AHV durch diese Massnahmen nachhaltig auf stabile Beine zu stellen, haben CVP und SP die Chance genutzt, um alte Forderungen in der AHV-Reform unterzubringen und aus einer Sicherung der AHV einen AHV-Ausbau gemacht. Wir erinnern uns: beide Parteien sind im Jahr 2016 mit ihren Volksinitiativen AHVplus und Heiratsstrafe gescheitert. Die Forderungen nach einem AHV Ausbau wurden von der Stimmbevölkerung wuchtig abgelehnt. Ihre kürzlich abgelehnten Forderungen gleich wieder durchboxen zu wollen, ist Zwängerei erster Güte.

Diese einsichtslose Zwängerei hat viele Verlierer. Heutige Rentnerinnen und Rentner müssen mehr Mehrwertsteuern bezahlen. Alle Frauen müssen mit der Reform ein Jahr länger arbeiten. Arbeitnehmer und Arbeitgeber müssen mehr Lohnbeiträge abgeben. Zukünftige Generationen werden unter einem Schuldenberg begraben. Meiner Meinung nach ist es unverantwortlich, dieses Geld, welches zur Sicherung der AHV gedacht ist, gleich wieder auszugeben. Das kann bei der heutigen Finanzlage der AHV nicht das Ziel sein.

Das Problem beim AHV-Ausbau ist auch, dass ausgerechnet die bedürftigen Personen nicht davon profitieren oder am Schluss gar weniger haben. Gerade für die Bezüger von Ergänzungsleistungen (EL) wird die AHV-Scheinreform zum Bumerang. Jeder Franken, den sie zusätzlich aus der AHV bekommen, wird ihnen bei den Ergänzungsleistungen wieder abgezogen. Weil sie die zusätzliche AHV – anders als die EL – versteuern müssen, haben sie Ende Monat sogar ein paar Franken weniger im Portemonnaie als heute. Auch in diesem Punkt bleibt die von Mitte-Links diktierte Scheinreform dem gescheiterten AHVplus-Ansatz treu: das Schicksal der Schwächsten interessiert ihre Befürworter nicht. Es zeigt dem aufmerksamen Beobachter jedoch, dass alter Wein aus neuen Schläuchen auch dann nicht schmeckt, wenn es als Kompromiss verkauft wird.

Als Bürgerliche müssen und wollen wir die Verantwortung für eine nachhaltige Sicherung der Altersvorsorge übernehmen und den Bürgern reinen Wein einschenken. Nur mit einem Nein am 24. September können wir den Weg für eine echte Reform machen und die Altersvorsorge nachhaltig sanieren. Stimmen Sie deshalb am 24. September zweimal Nein zur ungerechten Scheinreform „Altersvorsorge 2020“.

Vera Stiffler, FDP

 

Nein zur ungerechten AHV-Reform!

Die Schweizer Altersvorsorge steht auf drei Säulen. Die erste Säule ist die AHV, die zweite Säule die berufliche Vorsorge (Pensionskasse) und die dritte Säule das private Sparen. Weil die Bevölkerung immer älter wird und die Generation der „Babyboomer“ ins Rentenalter kommt, ist die Finanzierung der ersten und zweiten Säule gefährdet. In der AHV tragen immer weniger berufstätige Personen die Finanzierung einer Rente.

Diese Reform gefährdet die Altersvorsorge statt sie zu sichern
Diese Reform wurde von der Linken mit der CVP im Seitenwagen kompromisslos durch das Parlament geboxt. Statt einer finanziellen Sicherung der AHV wurde eine unverantwortliche Ausbauvorlage beschlossen, von der aber nur jene profitieren, die in den nächsten 20 Jahren in Rente gehen. Mit einem nicht finanzierten AHV-Ausbau von 70 Franken/Monat pro Neurentner sollen diese davon „überzeugt“ werden, die Vorlage anzunehmen. Das führt zu jährlichen zusätzlichen Kosten von 1.4 Milliarden Franken. Kurzfristig werden diese massiven Mehrausgaben über eine Mehrwertsteuererhöhung von 0.6 Prozent, höheren Lohnbeiträgen von 0.3% sowie der Erhöhung des Rentenalters der Frauen auf 65 Jahre gedeckt. Damit wird das Finanzierungsproblem der AHV-Renten aber nur um rund fünf Jahre verschoben statt nachhaltig gelöst. Bereits 2027 schreibt die AHV wieder rote Zahlen. Zudem soll in der zweiten Säule der Umwandlungssatz von 6.8 Prozent auf 6 Prozent gekürzt werden. Die Neurentner, die in den nächsten 20 Jahren in Rente gehen, sind davon ausgenommen.

NEIN zum ungedeckten Check für die Jungen
Der AHV-Ausbau ist ein ungedeckter Check an die junge Generation und wird von ihnen bezahlt werden müssen. Das ist ungerecht und faktisch eine Kündigung des Generationenvertrags zwischen Jung und Alt. Konkret wird sie das jedes Jahr 1.4 Milliarden Franken kosten. Und das alles für eine Reform, die das Problem nicht löst, sondern verschiebt und gar ein noch grösseres Rentendebakel hinterlässt. Viele der betroffenen Jungen sind heute noch gar nicht volljährig und können noch nicht abstimmen. Das gibt der Mitte-Links-Koalition aber nicht das Recht, die Rechnung für die eigene Kompromiss- und Lösungsunfähigkeit den kommenden Generationen zustellen zu dürfen.

NEIN zur Zweiklassengesellschaft in der AHV
Der generelle Rentenzuschlag mit Fr. 70.- und die Erhöhung des Plafonds für Ehepaare von 150% auf 155% der Maximalrente sind parteipolitisch motivierte Massnahmen der SP. Sie sind weder sozialpolitisch sinnvoll, noch für die Kompensation des sinkenden Umwandlungssatz im BVG geeignet. Eine Vermischung der beiden Säulen schafft nur neue Probleme. Es ist Giesskannenpolitik und destabilisiert die AHV. Erstens wird durch die Begünstigung nur für Neurentner eine Zweiklassen-AHV eingeführt und dies widerspricht zudem der erst kürzlich abgelehnten AHV-Plus Initiative der Linken. Zweitens ist die damit verbundene Erhöhung der Lohnbeiträge schädigend für den Arbeitsplatz Schweiz. Die Mehrausgaben sind zudem nicht langfristig finanziert. wird uns allen aber teuer zu stehen kommen. Viele Rentner arbeiten heute in einem Teilpensum – sei es im Gewerbebetrieb, auf dem Hof der Kinder oder beim ehemaligen Arbeitgeber. Sie und auch die Arbeitgeber profitieren derzeit von einem Rentnerfreibetrag in der AHV von 1’400.–/Monat. Auch dieser wird mit der Reform gestrichen, was viel Bürokratie und zusätzliche Kosten für die Gewerbetreibenden und Rentner mit sich bringt.

NEIN zur unsozialen Renten-Reform
Der AHV-Ausbau ist ein vergiftetes Geschenk. Auch die Neurentner werden es nicht umsonst erhalten, sondern müssen dafür über die erhöhte Mehrwertsteuer und höhere Lohnbeiträge von 0.3% bezahlen. Ausgerechnet die bedürftigen Personen werden davon überhaupt nicht profitieren oder am Schluss gar weniger bekommen. Für die Bezüger von Ergänzungsleistungen wird die Reform zum Bumerang. Jeder Franken, den sie aus der AHV mehr bekommen, wird ihnen bei den Ergänzungsleistungen wieder abgezogen. Es kann gar sein, dass sie den Anspruch ganz verlieren und am Schluss weniger im Sack haben. Diese Gefahr ist umso grösser, als ja auch EL-Bezüger von der Mehrwertsteuererhöhung betroffen sind. Im Gegensatz dazu bekommt jeder Millionär die 70 Franken/Monat AHV-Erhöhung voll überwiesen, obwohl er es gar nicht nötig hätte. Das ist schlicht und einfach ungerecht.

NEIN zum AHV-Ausbauprojekt der Linken
Die Altersreform 2020 ist primär ein ideologisches Projekt der Linken und Gewerkschaften. Sie führen einen Kampf gegen die zweite und die dritte Säule. Der AHV-Ausbau per se war damit von Anfang an das Ziel, völlig egal, wie viel das kostet und ob die richtigen davon profitieren. Mit einer Salamitaktik wollen sie die Umverteilung über die AHV weiter vorantreiben und riskieren dafür das Gesamtsystem der Altersvorsorge. Exponenten haben bereits gesagt, dass diese Reform nur der erste Schritt zur weiteren Schwächung insbesondere der zweiten Säule sei.

Eine bessere Reform ist möglich
Die vorliegende Reform ist eine Zwängerei von Mitte-Links, ohne dass sie sich der bürgerlichen Seite je angenähert hätten. Im Gegensatz dazu haben sich die Bürgerlichen kompromissbereit gezeigt. Leider hat sich die andere Seite nie bewegt. Nun haben wir eine Scheinreform, die keine Lösungen bietet, sondern die Probleme vor sich hinschiebt. Nur mit einem Nein zu dieser Reform wird es möglich sein, eine echte Reform zu gestalten, die die Probleme der Altersvorsorge nachhaltig löst.

 

Valérie Favre Accola, SVP

 

Politforum auf GRHeute

Das Politforum auf GRHeute besteht aus 12 PolitikerInnen aus Graubünden. Jeden Donnerstag nimmt eine/r zu einem aktuellen Thema Stellung.

 

 

(Bild: GRHeute)

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Martin Candinas

Mitglied Politforum
Bündner CVP-Nationalrat.