Crowdfunding für gehörlosen Churer

Crowdfunding für gehörlosen Churer

Mena Dressler
15.06.2017

Ehrenamtlich war einmal. Auch wenn jeder von uns gerne „etwas Gutes tun würde“: Sich neben Job und Familie noch freiwillig ohne Lohn zu betätigen, dafür fehlt den meisten von uns schlicht die Zeit. Hier kommt jetzt Crowdfunding ins Spiel: Wer helfen will, der kann mit ein bisschen Geld oft einen grossen Unterschied machen.

Wie bekommt man nun aber als Geldsuchender andere, meist wildfremde, Menschen dazu, dass sie einen finanziell unterstützen? Zahlen Menschen nur etwas für andere Menschen, wenn sie sich persönlich betroffen fühlen? Grosse Naturkatastrophen lösen in der Bevölkerung oft einen wahren Hilfs-Boom aus, wir, die wir in einem stabilen und sicheren Land ohne finanzielle Sorgen leben, können durch Spenden etwas von dem ungerecht verteilten Glück abgeben und den benachteiligten Menschen in der Welt helfen.

Aber wie steht es mit den benachteiligten Menschen direkt vor unserer Nase? Was braucht es, damit wir auch hier reagieren und die unterstützen, denen das Leben immer wieder Steine in den Weg legt? Dass wir statt unterernährter Kinder in Afrika einen jungen gehörlosen Churer unterstützen, der seinen Lebenstraum wahrmachen möchte und Motorradrennen fahren möchte?

Der Motorradrennsport ist eine Randsportart und nicht sehr präsent im Alltag. Doch es ist das, was Christoph Meier aus Chur glücklich macht. In seinem Leben hätte es mehr als genug Gründe gegeben aufzugeben (GRHeute berichtete), aber wenn man ihn fragt was ihn in schwierigen Situationen geholfen hat, dann muss er keine Sekunde überlegen: „Motorradfahren. Unterwegs sein, mich auf die Maschine und die Strasse konzentrieren, das hat mir schon immer gut getan.“ Der Verlust des Gehörs in jungen Jahren, keine Anstellungen trotz zwei abgeschlossener Lehren – einfach war es für den 31-Jährigen nie. „Als Mensch mit einem Handicap hast du immer das Gefühl, dich noch mehr beweisen zu müssen als ein Mensch ohne Handicap.“ Das sogar in Christophs Fall, wo das Handicap überhaupt nicht auffällt. Als Motorrad Mechaniker sind schliesslich andere Qualitäten wichtiger als hören zu können, aber „viele denken, jemand der nichts hört sei dumm. Oder vielleicht haben die Menschen auch einfach Berührungsängste oder Angst vor dem Unbekannten.“

Keine Berührungsängste hat Gianmarco Calonder: Der Inhaber einer Haustechnikfirma aus Tamins hat den Churer angestellt. Auf Stundenbasis verdient Christoph zwar nicht viel, aber so hat er die Zeit, sich seiner grossen Leidenschaft, dem Motorradrennsport, zu widmen. Wann immer Christoph kann trainiert er, und solange er noch keine eigene passende Rennmaschine hat, macht er Ausdauer- und Krafttraining. „Das ist den meisten Leuten gar nicht bewusst, dass zum Töffahren mehr gehört als einfach nur drauf zu sitzen. Die Maschine auf einer Rennstrecke zu fahren erfordert enorme körperliche Kondition, und ich trainiere so oft und so viel ich kann.“

Christoph Meier Rennstrecke

Gemeinsam mit seinem Manager und Mentor Christian Rauch hat Christoph nun sein Projekt „Vom Töfflibuab zum Rennfahrer“  auf die Beine gestellt, und sammelt mittels der Crowdfunding Plattform I believe in you Geld für ein konkurrenzfähiges Motorrad. Mit diesem will er nächsten Frühling an der Superstock 1000 Schweizermeisterschaft teilnehmen. Christoph möchte damit nicht nur seinen Traum wahrmachen, sondern er möchte auch beweisen, dass Gehörlose genau die gleichen Dinge tun können wie Hörende, und er möchte anderen Menschen Mut machen, für ihre Träume und Ziele einzustehen.

Christoph Meier – der sich übrigens in seiner Freizeit ehrenamtlich betätigt – und Christian Rauch hoffen, dass sie die CHF 12’000 Franken bis Mitte Juli erreichen. Denn, so Christoph, „aufgeben kommt nicht in Frage, ich mache weiter, egal was kommt.“ Also: Spenden! Damit Christophs Traum wahr wird!

Wer mehr darüber erfahren möchte, wie das Leben als Gehörloser ist: Das SRF hat Christoph zu einer Gesprächsrunde eingeladen. Ausstrahlungen der Sendung: SRF 1: Sonntag, 18.Juni um 13.10 Uhr, SRF 1: Wh. am Samstag, 24.Juni um 13.10 Uhr.

Weitere Termine und Infos zu Christoph findet ihr auf seiner Facebookseite, und seine neue Homepage ist ab Ende der Woche auch online!

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Mena Dressler

Redaktorin Region Albula
Texterin mit bajuwarischen Wurzeln. Auf fast allen Kontinenten aufgewachsen, nun seit fast 13 Jahren im schönsten Kanton der Welt daheim. Sammelt Länder, liebt Berge, Sprache und Sprachen und gute Bücher.