Giganto und Mattius «Undas» – die Plattenkritik

Giganto und Mattius «Undas» – die Plattenkritik

2016 war ein gutes Jahr für Giganto und Mattiu. Die zwei haben mit ihrer Liveband etliche Festivals gerockt und haben kürzlich nun ihr lang erwartetes Album «Undas» veröffentlicht. Wir von GRHeute haben uns mitten im Strudel zwischen Weihnachtsverkauf, last-minute-Geschenke-kaufen und Jahresabschluss die Schreibmaschine nochmals angeworfen und eine Plattenkritik geschrieben. Ob das Kollaboalbum als Weihnachtsgeschenk taugt, erfährt ihr hier.

Immer wieder im letzten Sommer haben sie es ihren Anhängern versprochen: Das grosse Gemeinschaftswerk «Undas». Der Singer-Songwriter Mattiu Defuns und sein «partner in crime» Giganto alias Ivo Orlik. Wie tönt es, wenn ein Rapper komplett auf Fluchwörter verzichtet? Wir von GRHeute haben reingehört.

«Febra»
Die Uhr tickt, denn die Zeit für das Album war reif. Die Vorfreude und Spannung steigt unentwegt. Der funktioniert live sicher auch sehr gut. Man lehnt sich zurück. Lasset die Spiele beginnen.

«144»
Nun beginnt also das eigentliche Album. Als erstes fällt auf, wie Giganto sich raptechnisch gemacht hat in den letzten Jahren nach seinem Debütalbum. Hier kommen die Reime mit ziemlich viel Druck nach vorne. Erstmals hört man das Zusammenspiel der beiden jungen Talenten und es stimmt absolut. Es hört sich so logisch an, dass sich die Zwei irgendwann mal finden mussten. Hookkönig Mattiu und der wilde Giganto. Ein gelungener erster Track mit vielen feinen Akzenten im Hintergrund. Top Pop Rumantsch.

«Crei en tei»
Der Song ist für mich der perfekteste vom ganzen Album, denn er vermittelt nicht nur durch das tolle Video eine freundschaftliche und heimelige Atmosphäre, er stellt auch wahnsinnig auf. Ein richtiger Durch-den-Tag-Bringer und einer der grössten Bündner Hits in diesem Jahr. Weiter so Jungs! Das wird gross!

«Lai dar»
Oh yeah, da kommt ein wenig Pop-Rap-Attitude auf. Die Cuts im Hintergrund erinnern an das G-Punkt-Album von Gigi. Witzig nostalgisch und doch gleich ziemlich modern. Eine interessante Mischung, die sicherlich den Hip Hop Heads ziemlich zusagen könnte. Schön, dass die Wurzeln nicht ganz ausgeklammert werden.

«Feglia dil Polizist»
Oh, die Tochter vom Polizisten. Ich habe ja grundsätzlich ein wenig Mühe mit der Polizei, doch sie haben da ein Auge auf die Tochter von einem geworfen. Ein chilliger Track, der aber im Gesamtkonzept keinen bleibenden Eindruck hinterlässt. Hier wären Romanisch-kenntnisse sicher von Vorteil, da in den Zeilen wahrscheinlich ein wenig Comedy versteckt ist.

«Senn della Veta»
Jetzt wirds tiefgründig und suchend. Denn der Sinn des Lebens steht auf dem Plan. Das tolle Instrumental entführt in eine melancholische Klangwelt. Giganto rappt leicht aufgeregt, aber technisch einwandfrei. Der Refrain von Mattiu geht tief unter die Haut und sorgt für Gänsehaut.

«Hallo»
Bei dieser Nummer war ich Anfangs ein wenig geblendet von dem Weltklassevideo, welches sie dazu gefilmt haben. Der Track funktioniert auch ganz gut ohne. Der Beat im Dreiviertel-Takt macht wahnsinnig Spass. Die Mundharmonika gibt dem Lied eine Wild-West-Romantik. Der künstlerische Höhepunkt des Albums, weil das Konzept inklusive Film perfekt konzipiert wurde. Yeah!

«Vender Bananas»
Hier kommen Sommergefühle auf. Es klingt lustig, karibisch und nach Ferien. Nicht mal zehn Sekunden vergehen und das Lied zaubert ein Lächeln auf die Lippen von jedem Hörer. Sehr gelungener Track, der jede Party ziemlich zügig aufmischt und alle zum Tanzen bringt. Wäre nicht gerade Winter, wäre das der Sommerhit. Aber wie bei so vielen Sachen, nun freue ich mich noch mehr auf die heissen Tage im nächsten Jahr. Fun pur!

«Mumma»
Die Ode an die Mutter beginnt langsam und zärtlich. Wieder einmal reut es mich, das ich niemals Romanisch von meiner Mutter lernte. Doch auch bei fehlendem Textverständis versteht man, was die Worte bedeuten sollen. Härzig wäre das falsche Wort. Eher wirklich schön und bewundernswert, dass sie ihren Müttern eine solch starke Nummer gewidmet haben. In der Surselva sind sicherlich ein paar Freudentränen vergossen worden bei Frau Defuns und Frau Orlik. Ja, aus euren Söhnen ist doch noch was geworden. Stark!

«Jeu Engolel tiu Cor»
Der älteste von ihnen bekannte Song kam schon früh als Video raus. Hat immer noch einen unglaublichen Drive und lässt sich ganz gut hören. Immer noch ein Song mit einem mystischen, verbotenen Touch. Cool haben sie den nun auch auf dem Album ausgekoppelt.

«Finiu»
Eigentlich hätte ich als Abschlusstrack einen stiller Ausklang erwartet, doch das groovige Stück funktioniert noch viel besser. Die Bläser fahren ganz heftig in die Beine und lassen einem automatisch mit dem Kopf nicken. Der Refrain hat ein wahnsinniges Mitsingpotenzial. Ah yeah, dann kommt noch der legendäre Lou Geniuz als Hidden-Gast zum Einsatz. Sehr geil.

Schlussfazit:
Das Warten auf die CD «Undas» hat sich definitiv gelohnt. Hier sitzt jeder Ton und die beiden Protagonisten Giganto und Mattiu ergänzen sich perfekt. Die Liricas Analas müssen nicht um ihren Rapthron fürchten, den die beiden machen eigenständigen Pop voller Emotionen, Groove und Attitüde. Die hohen Investitionen, die Liebe zum Detail und eben diese eigene Herangehensweise an die Musik machen dieses Werk zu einem der spannendsten Werke 2016 aus Graubünden. Also definitiv sehr gut geeignet als Weihnachtsgeschenk.

Auf jeden Fall sind sie ein Act, denn man sich im nächsten Jahr umbedingt zu Gemüte führen und live erleben sollte. Gratulation, ein starkes Stück romanische Musikkultur!

Mehr Infos zu den Jungs unter: www.giganto-mattiu.ch

author

Chris Bluemoon

Redaktor Kultur
Hauptberuflich Radio-Journalist mit viel Leidenschaft für die Musik, die Poesie und das ganz grosse Chaos.