Musik jenseits der Berge: «Zuger Shuger – 6300»

Musik jenseits der Berge: «Zuger Shuger – 6300»

In der Rubrik «Musik jenseits der Berge» besprechen wir in unregelmässigen Abständen Bands, die keinen oder nur einen minimalen Bezug zu Graubünden haben. In der vierten Ausgabe haben wir uns mit dem neuen Werk «6300» des Zuger Kollektivs Zuger Shuger auseinander gesetzt.

Ich lernte Frisk von Zuger Shuger eher zufällig kennen. Vor gut einem oder sogar schon zwei Jahren arbeitete ich ja noch in der Migros. Frisk aka Manuel Hosang hat zu diesem Zeitpunkt einen Song über den freundlichen Kundenumgang geschrieben und publiziert. Ich fand die Idee witzig, auch wenn ich nicht solch ein grosser Migrosfan war oder bin wie er. Da ich einmal jährlich in Zug spiele, kickte ich ihn freundlich auf Facebook an und wir vereinbarten einen Termin, so dass er bald ein Soloset vor meinem Konzert im Podium 41 in Zug spielte. Schnell realisierte ich, dass er nicht nur ein guter Rapper, sondern auch ein sanfter Riese war. Er schleppte zu der Show seine Crew Zuger Shuger mit und der Abend wurde für das familiär gehaltene Publikum und mich zu einem witzigen Intermezzo in Zug.

Nun verfolge ich die Karriere der Zuger Jungs schon ein Weilchen und weiss, dass alle fix involviert sind in der Szene. Bei allen beliebt auf Jams und auch jungen, neuen Talenten auf Augenhöhe begegnend. Dass Tomahawk alias Thomas Murer, Freshe alias Reto Müller und Frisk alias Manuel Hosang gute Typen sind, ist in der ganzen Rapcommunity bekannt, doch wie klingt ihr zweites Gemeinschaftswerk? Ich habe rein gehört, hier die Analyse Track by Track:

«6300»

Die Hymne auf ihre Stadt/ihren Kanton zum Auftakt bringt einen ersten Einblick in das Schaffen und die Heimatverbundenheit der Jungs. Hier stimmt alles. Jeder Part sitzt und man spürt die Liebe zur Heimat bei jeder Note. Kein Wunder also, dass der Clip in den letzten Wochen unter den Schweizer Hip Hop-Heads viral gegangen ist und doch schon eine anständige Anzahl an Clicks verzeichnen konnte. Gelungen mit Drang nach vorne.

«Wieder da»

Ein herzliches Willkommen! Gut euch wieder zu hören. Eigentlich waren sie ja stets in irgendeiner Form der Szene erhalten und doch ist es angenehm das Beste aus den drei Welten frisch durchmischt zu hören.

«Sinder mit üs?!»

Der kommt mir recht bekannt vor. Ja, ich bin mit euch. Ein guter Raptrack, der die Crowd abholt und zum Mitmachen animiert. Mir fällt ein wenig auf, das die Jungs gerne Fragen stellen bei den Liedernamen. Kann das sein?

«Mini Sprach»

Der Beat tröpfelt und Freshe, Frisk und Thomahawk öffnen ihre Herzen. Der Muttersprache wird ein Denkmal gesetzt. Jetzt bin ich ein bisschen neidisch, dass ich nicht schon längst einen Song zu dieser Thematik produziert habe. Gelungen.

«Wuusa» feat. Mel-Kynd

Irgendwie erinnert mich der Track an ein Lied von Bucher und Schmid, was denke ich ein recht grosses Kompliment ist. Allerhöchste Zeit dem Freshe mal ein Loorbeerkränzchen zu binden. Es ist ein Genuss den sauberen Parts, den flexiblen Flows und der Vielseitigkeit zu lauschen. Speziel auf diesem Track schwankt die Stimmung zwischen Wahnsinn und Genie. Die verzaubernde Stimme auf der Hook läd zum mehrmaligen Hören ein, eine Topwahl für einen Videotrack!

 


«Stelleds uf de Chopf»

Yeah, jetzt wird’s Boom-Bap-lastig. Thomahawk bringt seinen besten Part auf dem ganzen Album und von allen werden zum Teil strube Bilder gezeichnet. Der Track trieft voll Wortwitz und Ironie, besser genau hinhören.

«Dini Autorität» feat. Promo & The Edster

Yeah, nun kommen endlich Gitarren ins Spiel. Der Track knüpft nahtlos an die Solotracks von Frisk an. Die Stimme von The Edster gibt dem Track einen internationalen Touch und ich nicke mit dem Kopf zum Song, der live sicherlich recht gut abreissen wird. Promo rappt als wäre er nie ein Aussenstehender der  Crew gewesen. Ich musste echt zwei Mal hinhören,  so leichtfüssig fügt er sich auf diesem Track in das Gefüge der Crew. Den würde ich bei einer Erweiterung von Zuger Shuger mit an Bord nehmen. Passt!

«BoomBiddiByeBye» feat. Ruste Juxx

Old-School-Track mit einer Ode auf die  goldenen Jahre. Immer wieder schön zu hören wie flüssig Amis und Schweizer in der Sprechgesangskunst harmonieren. Dies ist sicher ein Indiz für über Jahre hinweg antrainiertes Können und Leidenschaft für’s Spiel. Gelungen und abwechslungsreich dank der vier unterschiedlichen Parts.

«Wie heisst die Crew?!»

Die Jungs manifestieren ihren Namen ins kollektive Gedächtnis und ich hebe den Arm und bounce einfach nur mit.

«Shuger Daddys Interlude»
«Shuger Daddys»

Auf das mittelwitzige Interlude folgt ein etwas blöder Track. Der Flachwitz im Refrain wird bei mehrmaligem Hörer ein wenig zum Schwachwitz. Die Parts rocken eigentlich noch easy. Geschmacksache eben.

«Magic»

Dieser Track fängt leicht befremdlich an, wandeltet sich aber zu einem kleinen Hit über künstliche und aufgesetzte Frauen. Frische Parts über ein Lied mit viel Popappeal und Mitsinggarantie.

«Ellbogegäng» feat. Skilluminati

Dieses Lied ist Comedy pur und schiesst scharf in viele Richtungen. Den Luzerner Steven Egal höre ich nun mehr als 10 Jahre und seine Musik verleidet einem irgendwie nicht. Der Track ist eine coole Nummer, die alle krassen Double-Time-Spitter auf’s Korn nimmt und ihnen den Spiegel vorhält. Zuger Shuger steht für gehaltvollen Rap mit viel Herzblut. Hier hört man es heraus, wenn man zwischen den Zeilen liest. Fun!

«Titel 13»

Als 14. Track kommt der Titel 13, was mich ein wenig stutzig gemacht hat. Geliefert wird ein klasse, klassisch gehaltener, astreiner Rapsong.

«Herzbluetmusig» feat. Säsh, Süde und Hans Nötig

Also wenn man Zuger Shuger etwas hoch anrechnen kann, dann ist es, dass sie ein goldenes Händchen mit Gästen haben. Dieser Track trifft mich mitten ins Herz, weil ich jede Zeile auf meinem Weg wieder erkenne. Schön, wenn es anderen Rappern auch nicht anders geht bei ihrem Kampf um Respekt und Gehör. Nun fühle ich mich gleich nicht mehr so alleine. Konzertveranstaltern wird hier eine Lektion erteilt, wie man es eben nicht machen sollte beim Booking von jungen Bands. Hört hin und lernt!

«Gömer steil?!» feat. Fratelli-B und Weibello

Dass ich seit Jahren einer der grössten Telli-B-Fans ist ein offenes Geheimnis in der Hip Hop Szene Schweiz. Weibello ist neben Gracchus DAS neue Talent vom Musikkuchen Zug. Der Track ist eine ausgelassene Ode ans Nachtleben. Saisonal sicher auch geeignet für die eine oder andere Après-Ski-Party in Graubünden.

«Wenni gang»

Eine Ballade ohne zu viel Schmalz und mit druckvollen Drums. Beim Refrain habe ich dann auch noch gemerkt, das der Beat von meinem Amigo Dbeatz ist. Den hätte ich nur allzu gerne selbst berappt, doch ich glaube, ich hätte den Beat nicht so eindrucksvoll ausarbeiten können, wie es ihnen hier gelungen ist. Ein heisser Kanditat für eine Radiosingle!

«Z’friede»

Ja, zufrieden können die Jungs mit diesem Album auf jedem Fall sein. Frisk schreibt speziel in diesem Track aufmunternde Aufsteller-Zeilen, die mitreisen. Als Abschluss elegant gelöst. Ich spühre einen Drive, rasch mal an ein Konzert der Jungs zu fahren. Cool!

Schlussfazit

Zuger Shuger haben sich selbst einen Meilenstein geschenkt, der eine richtig imposante Rapscheibe geworden ist. Die stetige Spannung durch die verschiedenen Rapvariationen der Protagonisten, die imposanten Gäste, die facettenreichen Kompositionen und   last but not least die natürliche Untergrundattitüde machen das Werk zu einem echten Hörerlebnis. Eine Entdeckung wert!

Mehr zu Zuger Shuger unter www.zugershuger.ch

author

Chris Bluemoon

Redaktor Kultur
Hauptberuflich Radio-Journalist mit viel Leidenschaft für die Musik, die Poesie und das ganz grosse Chaos.