Gratulaziuns Diversikfickaziuns

Gratulaziuns Diversikfickaziuns

Gastkommentar
07.09.2016

Es sitzt sich so bequem in alten Stühlen! Es gibt Sofas, die erfahren über die Jahre eine heilige Weihung durch den Druck zweier wunderschön geformter Gesässbacken. Gerne platziert man sein «Hinterweggli» in die ewige Wölbung, reifend wie der Stein im Fluss, geformt von der Bequemlichkeit über gefühlte Jahrtausende. Aber irgendwann wird der Arsch müde von der Routine.

Wie wohltuend ist dann ein neues Hausmöbel, welches trotzig drängt – «ribbschlat» haben wir früher gesagt – störrisch seinen Charakter zeigt und heimlich im Möbelclub das Coolste ist, weil es eben nicht unter jedem Scheiss nachgibt, wie eine Klospülung.

Ach, viel zu viele Metaphern, Alter, das kapiert kein Schwein! Ah Ja? Kapiert keiner? Na gut, wir müssen es ja wissen!

Versuchen wir es anders: früher war Rock’n Roll der Ort, wo man sich selber platzieren konnte, sich darstellen und sich beweisen. Das ist er leider Gottes nicht mehr. Die neuen coolen Kids sind Journalisten, Programmierer, Werber, Nerds und Ideen-Entwickler. Warum masse ich mir diese Behauptung an? Gimma, kennsch!? Nun ja, zum Einen empfehle ich Ihnen einen Blick in eine Musikzeitschrift, wo sie feststellen werden, dass diese jungen Bands alle schon mal da waren. Das Imitat bedient den unwissenden Fan, der das Original nicht kennt. Und auch wenn alles besser produziert und vermarktet wird, selten nur erreicht es die Originalität des Pioniers. Ich war auch so ein Imitat. Ausnahmen kennen die Regel. Zum Anderen «ploppen» neue digitale Medien auf. Überall. Ob watson bei Tamedia am Lack kratzt oder ein Hypebeast die Leser am Kiosk auslacht oder ob Joiz das SRF dermassen in Verlegenheit bringt, dass sogar gestandene Politiker eine Rettung aus der Bundeskasse in Betracht ziehen: die Digitalisierung und ihre Kinder sind nicht nur das überpräsent-obskure Motto irgendwelcher Agenturen, sondern eben auch die pressefertige Blaupause einer Realität, die auch in Graubünden angekommen ist. Endlich. Here we are now, entertain us – um den letzten Gott des ausgerechnet analogen Zeitalters zu zitieren: Kurt Cobain. As zellt nüm wer du bisch, as isch was du machsch.

Nein, die Zeiten sind vorbei, als der grösste Player auch das längste Geschlechtsteil hatte. Die Zeiten haben sich sogar massiv geändert. Nichts gegen Monopole, nichts gegen die Leader und nichts gegen all die klugen Köpfe, die überall an allen Enden versuchen die Dinosaurier über die neue Eiszeit zu retten. Aber feiern wir die viel beschworene Diversität. Das Zeitalter des Individualismus färbt eben ab: jeder kann fast alles erreichen hierzulande. Und viele werden es versuchen. Der Kuchen ist verdammt gross – immer gewesen! – und wenn er jetzt neu verteilt wird, sollten sich eigentlich alle freuen, dass es überhaupt noch Kuchen gibt, bei all diesen Gluten-Fetischisten, Salz-Bevorzugern und Mehl-Allergikern. Aber ab jetzt kämpfen eben alle um die grossen Stücke und das ist gut so. Lief bei dir, fett bist du geworden… und jetzt ab aufs Laufband mit dir, du musst fit sein für den Run auf die nächste Story!

Gian-Marco Schmid aka Gimma