Dario braucht immer noch Hilfe! 

Dario braucht immer noch Hilfe! 

Über 600 Menschen haben bis heute über 120’000 Franken für den Neustart von Dario Christen gespendet. Auch dank GRHeute, die als erste über das Schicksal des Tetraplegikers aus der Lenzerheide geschrieben haben.

Man muss sich das einmal vorstellen: Man ist 17 Jahre alt, ist im zweiten Lehrjahr als Schreiner, wohnt praktischerweise gleich oberhalb des Lehrbetriebs, macht Sport, ist mit seinen Freunden unterwegs, hat Pläne, will Reisen, weiter Sport machen – und von einem Tag auf den anderen geht gar nichts mehr. Rein gar nichts. Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes.

Dario Christen aus der Lenzerheide ist genau das passiert. Am 19. März dieses Jahres war er mit seinem Freund am Freestyle-Skien. Powder gut, Sonne satt. Perfekte Bedingungen. Irgendwann verabschiedete sich sein Freund, und Dario machte weiter. Bis er nach einem missglückten Sprung auf der Piste liegen blieb und sofort wusste: «Es ist nicht optimal.» So drückt es ein Jugendlicher aus, der schon ein bisschen gelernt hat, mit seinem Schicksal als Tetraplegiker umzugehen und sich und allen anderen sagt: «Ich kann nicht zurückschauen zu dem, was ich nicht mehr habe. Ich muss vorwärts schauen und das Beste machen aus dem, was ich noch habe.»

Das sagen auch Dario Christens Eltern, Irene und Roger. Trotzdem fällt es ihnen noch schwer, Darios Schicksal zu akzeptieren. Dass es ihm, der von seiner eigenen Wohnung träumte, irgendwann, der immer in Bewegung war, die nächsten Jahre nicht vergönnt ist, sein eigenes Leben zu leben. Der auf Hilfe und seine Eltern angewiesen ist. «Normalerweise lernen Eltern und Kinder in diesem Alter, sich gegenseitig loszulassen. Dieser Prozess ist gestoppt worden.»

Irene Christen kann auch ein halbes Jahr nach dem Unfall nur unter Tränen über ihren Sohn reden. Dario tut das leid, aber dagegen machen kann und will er nichts: «Es ist nicht meine Aufgabe, zu schauen, dass es ihnen gut geht. Ich muss schauen, dass es mir gut geht.» Das hat er im Paraplegikerzentrum in Nottwil gelernt, und das wissen auch seine Eltern, die ebenfalls unterstützt und psychologisch betreut werden. Aber sie haben gelernt, Dario selbst machen zu lassen; auch weil er selbst genau das fordert. «Sie nerven mich manchmal schon», sagt Dario, und in diesem Moment ist er ganz der Teenager, der er auch ohne Rollstuhl wäre.

Das nächste Ziel ist eine Wohnung für das Trio – der ältere Bruder, Severin, ist nach einem längeren USA-Aufenthalt ausgezogen. Eine Wohnung auf der Lenzerheide zu finden, ist schwer, doch nach so viel Pech haben die Christens auch Glück im Unglück: Mitten im Zentrum stand ein Bauprojekt längere Zeit still, weil Einsprachen den Bau verhinderten. Genau zum richtigen Zeitpunkt konnte mit dem Bau begonnen werden – so dass eine Wohnung rollstuhlgängig nach Darios Bedürfnissen gebaut werden kann.

Dass es dazu kam, haben die Christens Claudia Züllig zu verdanken – der Gastgeberin des Hotels Schweizerhof auf der Lenzerheide. Roger Christen ist ihr Küchenchef, Dario und ihr Sohn sind dicke Freunde. Sie war es, die alles ins Rollen brachte, und die die Idee mit dem Crowdfunding hatte. Mit dem Crowdfunding soll ein Teil der Wohnung finanziert werden – neben der emotionalen Belastung ist eine derartige Behinderung nämlich auch eine finanzielle Herausforderung.

Die Crowdfunding-Aktion beläuft sich auf 55’000 Franken und läuft 100 Tage. Die 55’000 Franken, mit der das erste Jahr die Miete hätte bezahlt werden können, waren in drei Tagen gespendet. Schweizer Rekord! Gut drei Wochen später sind bereits über 120 000 Franken gespendet; Claudia Züllig geht davon aus, dass sie bis Ende der Aktion die 220’000 Franken, die es zum Kauf der Wohnung und damit der finanziellen Entlastung der Christens braucht, zusammen kommen.

«Wir sind unendlich dankbar für diese Solidarität», sagen die Christens, sagt Claudia Züllig. So kann Dario nämlich im Dezember zurück in sein altes Umfeld. Etwas, das für die Genesung von unermesslichem Wert ist – und auch wenn Dario nie mehr laufen kann; ein bisschen kommt damit etwas von seinem alten Leben zurück.

Wer Dario Christen und seine Familie auf dem Weg zurück auf die Lenzerheide unterstützen will, kann auf www.neustartdario.ch spenden.

 

(Bild: Fam. Züllig)

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Rachel Van der Elst

Redaktionsleiterin/Region
Rachel Van der Elst mag Buchstaben: analog, virtuell oder überall, wo Menschen sind. In einem früheren Leben arbeitete sie unter anderm bei der AP, beim Blick, bei 20Minuten, beim Tages-Anzeiger und bei der Südostschweiz. In ihrer Handtasche immer dabei: Jasskarten.