Wie hoch sind die Chancen der Schweiz?

Wie hoch sind die Chancen der Schweiz?

Am Samstag startet die Schweiz in das Abenteuer IIHF WM 2016 in Russland. Die Eidgenossen treffen zum Auftakt der WM auf den Aussenseiter Kasachstan – das Schweizer Lager ist optimistisch.

Optimisten sprechen davon, dass die Schweiz eine starke Auswahl an Spieler aufgeboten hat. Der Sturm der Eidgenossen weist nebst wenigen Absenzen die Crème de la Crème des Schweizer Eishockeys auf. Das Team verfügt über Power (Wieser, Moser, Niederreiter), Finesse (Martschini, Hollenstein, Hofmann) und Defensiv-Chrampfer (Ambühl, Trachsler).

Im Tor steht mit Reto Berra ein NHL Goalie und die Verteidigung verfügt über viel internationale Erfahrung. Felicien Du Bois scheint besser in Form zu sein als in den Playoffs und wirkte in den Vorbereitungsspielen souverän. Der HCD Verteidiger bildet den Anker der Defense, flankiert wird er von den NHL erprobten Yannick Weber und Raphael Diaz. Dazu gesellen sich international erfahrenene Spieler wie Robin Grossmann und Eric Blum.

Optimisten weisen auf den guten Spirit der Mannschaft hin: Die Schweizer Coaching Staff um Patrick Fischer hat offensichtlich ganze Arbeit geleistet, und die Spieler scheinen sich mit ihrer Aufgabe zu identifizieren. Das hängt auch damit zusammen, dass die richtigen Spieler dabei sind – Leadertypen, die siegen wollen. Es ist wahrscheinlich kein Zufall, dass fast ein Dutzend der Spieler bereits beim Coup 2013 dabei war.

Basel, 03.05.2016, Eishockey Laenderspiel, Schweiz - Deutschland, Trainer Patrick Fischer (L), Assistenztrainer Reto von Arx (M) und Assistenztrainer Felix Hollenstein (SUI, R) (Pascal Muller/EQ Images)

Optimisten reden davon, dass der Spielplan der Schweiz entgegen kommt. Das letzte Mal, als die Schweiz in der Vorrunde auf Norwegen und Dänemark traf, war 2013. Damals resultierten zwei Siege. Mit einem guten Start ins Turnier ist ein zweiter Gruppen-Platz möglich. Das würde bedeuten, dass ein leichterer Gegner in den Viertelfinal warten würde und so ein Halbfinal-Vorstoss durchaus möglich ist. Und dann bräuchte es nur einen Sieg, und man hätte das historische Resultat des Jahres 2013 egalisiert. Und dann ein Sieg zum Weltmeistertitel. Möglich ist alles.

Das sagen Optimisten.

Pessimisten weisen auf die ersten (relevanteren) 30 Minuten gegen Deutschland hin. Als der Schweiz physisch und spielerisch die Leviten gelesen wurden. Von einem scheinbar «unterklassigem» Team. Einmal mehr kam zum Vorschein, was schon an den olympischen Spielen 2014 in Sotschi (zweimal) gegen Lettland sichtbar wurde: Die Eidgenossen haben weiterhin Mühe, wenn ein Gegner kein offenes Rush-Hockey spielt, sondern sich auf ein physisches, kontrolliertes Spiel fokussiert.

Pessimisten sagen, dass Weber und Diaz bereits jetzt überfordert sind, dass mit Mark Streit, Sven Bärtschi, Leonardo Genoni, Severin Blindenbacher oder Philippe Furrer wichtige Figuren fehlen, und dass die kleineren Spieler wie Lino Martschini, Marc Wieser oder Gregory Hofmann zu wenig Durchsetzungsvermögen aufweisen können. Grossmann und Blum sind zwar WM-erfahren, aber eben doch unterdurchschnittlich. Und Reto Berra reisst in der Nati in den letzten drei Jahren nichts mehr und weist eine Fangquote von unter 90% auf.

Basel, 03.05.2016, Eishockey Laenderspiel, Schweiz - Deutschland, Torhueter Reto Berra (SUI) waehrend der Warmmachen (Pascal Muller/EQ Images)

 

Pessimisten weisen darauf hin, dass die Schweiz seit 2013 nie mehr als 19 Tore in sieben Spielen erzielen konnte und in den letzten drei Jahren ein Viertelfinal-Out das Höchste der Gefühle war. Zählt man die olympischen Spiele 2014 dazu, ist das Ergebnis für den Schweizer Sturm noch dramatischer: In 19 Spielen hat die Schweiz gerade mal 35 Tore erzielt. Das sind im Schnitt 1.8 Tore pro Spiel. Nur ein einziges Mal in 19 Spielen hat die Schweiz mehr als 3 Tore erzielen können (6:2 gegen Kasachstan). So gewinnt man keinen Blumentopf.

Das sagen Pessimisten.

Wir sagen: Die Schweiz hat gute Chancen, mit diesem Team Feuer zu fangen, schlussendlich wird der Start ins Turnier entscheidend sein. Der Spielplan für die Eidgenossen ist so ausgelegt, dass sich die Stärke des Gegners kontinuierlich steigert. Am ersten Wochenende trifft die Schweiz auf Kasachstan und Norwegen. Mindestens fünf Punkte müssen an diesem Wochenende drin liegen, denn danach wird es bereits schwieriger.

Als nächstes wartet Dänemark, das (ähnlich wie Norwegen) keineswegs unterschätzt werden darf, und ein Tag später treffen die Schweizer auf «Angstgegner» Lettland. Nach den ersten vier Partien wird es dann noch eine Stufe schwieriger, an Punkte zu kommen. Am Ende der Vorrunde stehen nämlich die Partien gegen die drei Gruppenfavoriten Russland, Schweden und Tschechien an.

Mit einem guten Start kann die Schweiz den Grundstein für ein erfolgreiches Turnier legen. In den letzten vier Jahren reichten jeweils elf Punkte, um die Viertelfinals zu erreichen. Schafft die Schweiz dies in den ersten vier Partien (was nicht unrealistisch ist), so können die Eidgenossen danach gegen die Grossen auf Punktejagd gehen und eventuell sogar noch eine gute Ausgangslage für das Viertelfinal ergattern.

Am Samstag geht es los, und man darf gespannt sein, wie sich die «neue» Schweizer Nati an der WM in Russland schlagen wird.

 

(Bilder: Pascal Muller/EQImages)

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Richi Brändli

Redaktor Eishockey
Ehemaliger Kolumnist bei GRHockey, Plausch-Spieler und Fan von regionalem bis internationalem Eishockey.

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