Plattenkritik: Nynas neues Album «Uma’s Songs»

Plattenkritik: Nynas neues Album «Uma’s Songs»

Das neue Album der Exil-Churerin Nyna Dubois unterscheidet sich stark vom Vorgängerwerk «Gold», was sicher zu einem grossen Teil an den moderneren Beats von SAD liegt. Eine Plattenkritik.

Als Nyna erstmals 2013 ihr Debütalbum «Gold» ansagte, war ich gerade in einer extremen Rapphase und hatte wenig Bock auf soulige, ruhige Nummern. Als ich dann die CD wenig später kaufte, wurde ich eines Besseren belehrt. Klar kamen auf der CD gefühlvolle Nummern zum Zug, jedoch hatte Nyna nebenbei noch die Crème de la Crème der Berner und Bündner Musikszene um sich geschart. So waren auf dem Debüt Steff la Cheffe, Tommy Vercetti, selbstverständlich SAD sowie auch Gimma und Breitbild vertreten. Ausserdem rundete sie das Debüt mit der unglaublich groovigen Tanzhymne  «Maschina» ab, die auch als Video ausgekoppelt wurde. Ein komplettes Album, das sich auch exzellent verkaufte, war ihr gelungen.

Das ganze Paket, welches das Debüt bot, setzte die Messlatte für den neuen Tonträger extrem hoch. Wird sie die selbstgeschürten Erwartungen an ihr Zweitlingswerk erfüllen können? Werden die neuen Gäste den alten das Wasser reichen können? Wird sie als frische Mutter nur noch ruhige Musik produzieren? In welche Richtung wird Nyna sich entwickeln?

Mit diesen Fragen im Gepäck stürze ich mich in die neuen Tracks, lehne mich zurück. Als erstes schalte ich auf den Track «Melodie», vor allem aus dem Grund, um herauszufinden, wie der Churer Rapkönig ALI sich auf dem ungewöhnlichen Gastbeitrag geschlagen hat. Die Nummer startet ruhig und verspielt, bis der pochende Groove einsetzt und wie ein grosses Crescendo auf den Refrain hinzielt und nach diesem kurz zusammenbricht, nur um Platz zu schaffen für den deepen Part des Nachwuchstalents. Der Refrain zum Abschluss und der pochende Beat bleiben einem auch Minuten später noch in Erinnerung. Die Strophe von ALI bringt mich automatisch dazu, den Song erneut zu hören.

Eine gelungene Kollaboration zum Start, ich lege gebannt den Titelsong als nächsten Track ein. Hier passiert der grosse Jöö-Effekt, denn die Bilder, die Nyna hier mit Worten malt, erscheinen sofort vor meinem inneren Auge. Vielleicht liegt es an meinen nahen Zukunftsplänen oder an der Tatsache, dass ich in wenigen Tagen erstmals Onkel werde, aber Nyna säuselt den Text direkt mitten ins Herz. Dies lässt niemanden kalt.

Weiter geht’s mit dem Lied «Mit ihm», welcher ebenfalls als Video ausgekoppelt wurde und gleichzeitig den ersten Song markiert, der mir total nicht gefällt. Vom Beat her interessant, von der Thematik her ein süsser Text und doch missfallen mir ein klein bisschen die hohen Gesänge im Backround. Technisch ist dies definitiv schwierig, so sauber zu klingen, doch für mich wirken die Gesänge im Hintergrund eher störend. 

Also ab zum nächsten Song «So easy», der mit der tollen Triolen-Rhythmik und einem Big-Band-Sound im Hintergrund einiges richtig macht und das Thema Liebe mit interessanterem Aspekt angeht als der Vorgängertrack. Das kommt an.

Genauso wie der Anfang des Tracks «Alles Ok». Der fette Beat und das tolle Zusammenspiel der Schiessbude mit dem Bassisten packt mein Schlagzeugerherz und schüttelt es kräftig durch. Gute Nummer, die fesselt und zum Tanzen ermutigt, jedoch lyrisch nicht so mit dem tollen Groove mithalten kann.

Jetzt wird’s rockig, endlich. Der zweite Vorabsong des Albums baut viel Stimmung auf und rockt dann richtig ab, auch dank dem immer sehr guten Rapdino Greis, der wieder mal Metaphern-reich sein ganzes Können in den Song legt. Oh SAD, die Cymbals sind grandios. Merci! 

«Haigoh» startet episch und modern. Ein interessanner Mix aus klassischen Pianos und Synthies lassen Nyna zu Höchstform auflaufen. Sie singt sich sehnsüchtig in Rage und lässt tief in eine melancholische Momentaufnahme blicken. Bis jetzt das Lied, mit welchem ich mich persönlich am meisten identifizieren konnte. Facettenreich und lyrisch mit Tiefgang. Schön!

«Nacht für Nacht» lässt einen im Dunkeln tappen. Zwischen dem Instrumental, welches eher auf ein Kinderlied tippen lässt und dem Text, der von einer vergangene Romanze erzählt, liegen Welten und doch hört man gebannt denn mysteriösen Klängen.

In «Sperr mi i» spielt Nyna mit Autotune, was mehr stört, als dem Song dienlich wäre. Dafür ist in diesem Song wieder ein Weltklasse-Schlagzeugspiel am Start.

Was wäre ein Tonträger, gewidmet an ein Baby, ohne richtiges «Schlofliad»? Die moderne Herangehensweise fasziniert und lässt einen eher aufhorchen anstatt einschlafen. Viele schöne Worte gibt hier eine Mutter ihrer Tochter mit auf den Weg.

Die grosse Ode an ihren Nachwuchs findet im letzten Song meiner speziellen Mischrezession ihren Höhepunkt im letzten Song «Sie». Echt auch gut hörbar in ein paar Jahren, wenn das Baby ein Kind oder eine Jugendliche ist. Cool, wenn man seinem Kind so viel gute Worte mit auf den Weg geben kann.

Nyna zeigt mit ihrem neuen Album leisere Töne, ohne den coolen Groove zu vergessen. Die erstklassige Produktion von SAD, sowie die tollen Gäste ALI und Greis runden die «neue» Nyna und die Songs ihrer Tochter ideal ab und machen das Album zu einem Musthave für jede komplette Bündner Tonträgersammlung. Das Bündner-Mundart-Soul-Monopol gehört eindeutig der Exilchurerin. Einziger Minuspunkt sind die Texte, die bei gewissen Songs leicht flach daher kommen. Hin und wieder stören die, technisch sicherlich verdammt perfekten, Hintergrundgesänge. Als Fazit hinterlässt Nyna Dubois ihrer Tochter stimmtechnisch ein grosses Erbe und ein schönes Audio-Album, das auch in einigen Jahren sicherlich gerne von der ganzen Familie gemeinsam genossen werden kann.

Das Album «Uma’s Songs» ist ab sofort überall erhältlich. Mehr Infos gibts auf Nynas Facebook-Seite.

 

(Bild: zVg.)

author

Chris Bluemoon

Redaktor Kultur
Hauptberuflich Radio-Journalist mit viel Leidenschaft für die Musik, die Poesie und das ganz grosse Chaos.