In Chur findet vom 5. bis 7. Mai 2023 das 1. Schweizer Lehmbau Symposium statt. Am dreitägigen Anlass finden diverse Fachreferate, Podiumsdiskussionen sowie Exkursionen zu Standorten statt, in denen Lehmbau bereits eingesetzt wurde. Das Bauen mit Lehm bringt viele positive Eigenschaften mit sich und gewinnt seit Jahren immer mehr an Bedeutung.
Seit mehr als 10’000 Jahren wird mit Lehm gebaut. Damit gehört diese Bauweise zu den ältesten der Welt. Seit jeher wird Lehm aufgrund seiner positiven thermischen Eigenschaften in trockenen und heissen Klimazonen für Baukonstruktionen verwendet. Der Baustoff eignet sich aber in vielen Bereichen und Klimazonen als natürliche Alternative zum konventionellen Bauen.
Lehm als Baustoff hat in den letzten Jahren massiv an Beliebtheit zugenommen, was sich auch an zahlreichen prestigeträchtigen Gebäuden in ganz Europa ablesen lässt. So ist der neue Campus von Weleda in Deutschland aktuell die grösste Stampflehmbaustelle in Europa. «Wir dürfen mit Stolz sagen, dass wir es geschafft haben, die führenden Fachleute im Lehmbau nach Chur zu holen», so Projektleiterin und Lehmbauaktivistin Margit Geiger. «Das Fachsymposium ist nicht eines unter vielen, sondern ein ganz spezieller Event mit Leuchtturmcharakter.»
Sozial, ökologisch und ökonomisch ein interessanter Baustoff
Das 1. Schweizer Lehmbau Fachsymposium findet vom 5. bis 7. Mai 2023 in Chur an der ibW Höhere Fachschule Südostschweiz statt. Unter dem Motto «Die Tragweite des Lehms» wird das Thema entlang der drei Säulen der Nachhaltigkeit behandelt, nämlich der sozialen, ökologischen und ökonomischen Komponenten. Neben den Fachreferaten finden auch Podiumsdiskussionen zu den jeweiligen Themenbereichen statt.
Im Themenbereich der sozialen Tragweite geht es darum, das Wissen über den Lehmbau in die heutige Zeit zu übertragen und soziale Entwicklungen und Nachhaltigkeit in Gesellschaften zu berücksichtigen. Dabei werden gemeinschaftliches und partizipatives Forschen, Planen und Handeln sowie der Einbezug vielfältiger Akteur*innen des Lebensortes am Bau thematisiert.
Aber auch aktuelle Forschungsergebnisse, Verfahren und Praxisanwendungen werden präsentiert, welche die ökologische Nachhaltigkeit in zeitgemässen Anwendungen aufzeigen. Themen wie Kreislaufwirtschaft, Gesundheit für Verarbeitende und Benutzende, «einfaches Bauen», die Gewinnung und Verarbeitung von Material vor Ort sowie die Vielfalt der Anwendungsmöglichkeiten werden im Detail behandelt. Zudem ist Lehm auch wirtschaftlich ein äusserst interessanter Baustoff, der sich im Vergleich immer mehr lohnt.
Lehm als Alternative zu Beton
Der Baustoff zeichnet sich durch eine natürliche Wärmeregulierung aus und sorgt so für kühle Sommer- und warme Wintertage. Durch die einzigartigen Eigenschaften von Lehm wie der Fähigkeit, Feuchtigkeit zu speichern und bei Bedarf wieder abzugeben, ist das Gebäude nicht nur umweltfreundlich, sondern auch höchst energieeffizient und trägt mess- und fühlbar zu einem angenehmeren Raumklima bei. Lehm ist zudem fast überall verfügbar und kann auch problemlos wieder in den ökologischen Kreislauf zurückgeführt und bedenkenlos mehrfach verwendet werden.
Das Symposium hat das Ziel, den Lehmbau als ökologisch sinnvolle und zukunftsfähige Bauweise zu fördern. Interessierte Berufsfachleute aus Hochbau, Handwerk, Holzbau, Massivbau, Haustechnik sowie Bauingenieur:innen, Architekt:innen und Baubiolog:innen erfahren an diesem spannenden und einzigartigen dreitägigen Symposium viele lehrreiche Aspekte über den Lehmbau.
- Die marokkanische Architektin Salima Naji berichtet über das Gemeinwohl sowie die Ethik der Bewahrung der wertvollen Materialien. Sie bevorzugt traditionelle Baumaterialien, um die Dörfer in ihrer Heimat zu bewahren.
- Von der ETH Zürich berichtet Prof. Dr. Guillaume Habert über die Gründe für den Baustoff Lehm in der Bauwende.
- Ein international renommierter Experte im Bereich des nachhaltigen Lehmbaus ist Martin Rauch (Lehm Ton Erde Baukunst GmbH, Schlins AUT), welcher am Symposium wertvolle Einblicke darüber gewährt.
- Prof. Dr. Christof Ziegert (ZRS Architekten Ingenieure, Berlin DE) informiert in seinem Referat über die Wirtschaftlichkeit von Lehm.
- Die grösste Stampflehm-Baustelle Europas wird von Hubert Heinrichs (Zimmerei Heinrichs GmbH, Hiddenhausen DE) präsentiert.
- Über den Zusammenhang zwischen Gesundheit und Baubiologie berichtet Holger Längle (Erfolgsgeheimnis Lehmbau GmbH, Deggenhausertal DE).
- Charlotte Bofinger (Zirkular GmbH, Basel) engagiert sich bei A4F und bringt als Bauingenieurin ihre Expertise im Bereich der zirkulären Bauweise ein.
- Andrea Rieger-Jandl (TU Wien, Netzwerk Lehm, Wien AUT) ist eine bedeutende Forscherin im Bereich des nachhaltigen Lehmbaus.
- Die neuesten Forschungsergebnisse zum Brandverhalten von Lehmbau und Holz stellt Johanna Liblik (Tallinn University of Technology, Estonia) in ihrer Präsentation vor.
- Saikal Zhunushova (OEKOFACTA GmbH, Winterthur) informiert über ihre Projekte in Kirgistan und der Schweiz und gewährt einen Einblick in ihre Arbeit und die Herausforderungen, die damit verbunden sind.
- Adrian Baumberger (MSc. Arch. ETH, Mitglied Arbeitsgruppe Lehm und Architekt im Baubüro in situ) referiert über den Weg zur Zulassung von Lehmbaustoffen als brandschutzwirksame Schicht.
- Roger Boltshauser (Dipl. Arch. ETH/SIA/BSA) wird in seinem Vortrag über Lösungen für den Lehmbau des Büro Boltshauser und der Lehre an der ETH Zürich referieren.
- Felix Hilgert (MSc. ETH-Bauing. und Mitgründer der LEHMAG AG) stellt die Schnittstelle zwischen Forschung und Anwendung vor.
- Marc Hübner (Eidg. dipl. Masch.-Ing. ETH und Lehmbaustoffproduzent) thematisiert den Aufbau einer Lehmbaustoffproduktion mit möglichst lokalen Rohstoffen
Weitere Infos zum Anlass gibt es hier.
(Bilder: Ausbildung ibW Höhere Fachschule Südostschweiz: zVg./Haus Schlins: Hanno Mackowitz/zVg.)